Die Handlung des Films entfaltet sich vor dem Hintergrund des Eroberungsfeldzugs islamischer Fundamentalisten, die 2012 den Norden von Mali ihrer Herrschaft unterwerfen.
Kidane, seine Frau Satima, die Tochter Toya und der von der Familie aufgenommene Hirtenjunge Issan leben abseits aber nicht weit entfernt von der legendären Wüstenstadt Timbuktu, die von den Dschihadisten beherrscht und terrorisiert wird. Die Familie von Tuareg-Nomaden harrt mit Ihrer Herde hier aus, während die allermeisten Nachbarn bereits geflohen sind.
Als Issan eines Tages die Rinderherde an den Niger zur Tränke führt, bricht eine Kuh aus der Herde aus und zerstört eines der Fischernetze von Amadou. Wütend tötet der Fischer das Tier mit seinem Speer. Als ihn Kidane daraufhin zur Rede stellt kommt es zum Streit. Unbeabsichtigt tötet Kidane dabei Amadou. Kidane wird festgenommen und wartet im Gefängnis auf seinen Prozess.
In Timbuktu herrscht zunächst keine offene Gewalt. Die Bevölkerung wird auf subtile Art von den aus dem Norden kommenden Islamisten beherrscht. Unter dem Deckmantel eines rechtgläubigen Islams wird ihnen eine Gewaltherrschaft aufgezwungen, die sich zunächst nur in vermeintlichen Kleinigkeiten ankündigt. Doch diese greifen tief in die Alltagskultur und den hier praktizierten Islam ein: Bekleidungsvorschriften für die Frauen werden erlassen, Rauchen und Musikhören werden verboten - selbst die Kinder, dürfen nicht mehr Fußballspiel spielen und werden so zu Zeugen einer dramatischen Intoleranz.
Die filmische Erzählweise thematisiert diese Gewalt der Besatzer zunächst eher indirekt. Oft sind es scheinbare und unbedeutende kleine Ereignisse die verdeutlichen, wie die Gewalt langsam in den Alltag einsickert. So erfolgen die Besuche des Rebellenführers bei Kidanes Frau immer nur dann, wenn dieser nicht da ist. Und selbst als der Imam die Besatzer auffordert, nur ohne Waffen in die Moschee zu kommen, endet dieser Disput ohne direkte Konfrontation.
Sissako setzt diesem Terror eine zutiefst menschliche Haltung entgegen. Er vermeidet es, das Idyll einer vor dem Konflikt harmonischen Gesellschaft zu zeichnen und stellt auch die Gruppe der Islamisten durchaus differenziert dar. Der Wille zur Selbstbehauptung seitens der lokalen Bevölkerung zeigt sich als passiver Widerstand, und er zeigt sich – auch wenn dies widersprüchlich klingt – auch noch bei der Hinrichtung Kidanes. Ein Rest von Selbstbestimmung behaupten er und seine Frau selbst im Tod.
Abderrahmane Sissako zur Enstehung seines Films:
„Am 29 Juli 2012 fand in Aguelhok, einer kleinen Stadt im nördlichen Mali, das zu einem großen Teil besetzt ist, ein unsägliches Verbrechen statt, das von den Medien und somit dem Rest der Welt, einfach ignoriert wurde. Ein Paar in den Dreißigern, das mit zwei Kinder gesegnet war, wurde zu Tode gesteinigt
Ihr Verbrechen: Sie waren nicht verheiratet.
Die Szenen ihres Sterbens, die von ihren Folterern online gepostet wurden, sind grauenvoll. Die Frau stirbt vom ersten Stein, der sie trifft. Dem Mann entfährt ein heiserer Schrei, dann herrscht Stille. Kurz danach werden sie ausgebuddelt, nur um weiter entfernt vergraben zu werden.
Aguelhok ist nicht Damaskus oder Teheran. Deshalb wird nichts darüber berichtet. Was ich niederschreibe ist unerträglich, ich weiß. Ich versuche keineswegs, über Schockgefühle einen Film zu promoten. Jetzt, wo ich davon weiß, muss ich in der Hoffnung darauf davon erzählen, dass nie wieder ein Kind später erfahren muss, dass seine Eltern sterben mussten, weil sie sich liebten.“
Kurzinfos
„Timbuktu ist ein leiser, poetischer Film von großer Wucht.“
ZDF
„Ein Sieg der Kunst. - Sissako zeigt – hochintelligent und ohne Penetranz – den Gottesstaat der Islamisten als das, was er ist: ein Projekt, so vermessen, irr und chaotisch wie der Turmbau zu Babel.“
NZZ, Angela Schader
„Timbuktu“ wurde bei seiner Premiere in Cannes von der Ökumenischen Jury ausgezeichnet und ist auch Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit. Beim beim Unabhängigen Filmfest Osnabrück erhielt er den Friedensfilmpreis der Stadt Osnabrück.
Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit
„ … In poetischen Bildern vom Leben in der Sahara setzt der Film dem Drama der Gewalt und des Terrors eine andere Welt entgegen. Die Menschen in Timbuktu und Umgebung sind einerseits Opfer grausamer Fundamentalisten, andererseits von einer unbeugsamen Würde, die sie auch dann nicht verlieren, wenn sie mit dem Tod bedroht werden. Die Schönheit der Wüste, die Liebe von Kidane und Satima, die Fürsorge des Vaters für die Tochter und die kreativen Zeichen des Widerstandes der Menschen von Timbuktu werden in sanfte und berührende Bilder gefasst, in denen die Hoffnung auf Überwindung der schockierenden und grausamen Gewalt lebendig ist...“
(aus der Begründung der Jury, Dezember 2014)