Zur Ehe gezwungen - Frauen fliehen aus ihren Familien

Als die Eltern der 15-jährigen Sultana erfahren, dass sie einen Freund hat, sperren sie sie ein und bereiten die Rückführung nach Pakistan vor. Sultana wäre mit einem Witwer verheiratet, lebenslänglich als Sünderin behandelt, möglicherweise auch ermordet worden. Sie floh und verlor damit ihre gesamte Familie und jeden Rückhalt im Heimatland.
Wie viele andere Frauen aus Migrantenfamilien ist Sultana in Deutschland geboren oder hier aufgewachsen. Doch anders als bei ihren deutschen Altersgenossinnen suchen ihre Eltern ihren Ehepartner aus. Viele Immigrantenfamilien halten auch nach jahrzehntelangem Leben im Gastland an den Traditionen ihrer Heimat fest und pflegen dabei einen Werte-Konservatismus, der sich mitunter im Herkunftsland schon überholt hat. Die Kinder der ersten oder zweiten Migrantengeneration, die aufbegehren und sich dem Willen der Eltern nicht mehr beugen wollen, müssen oft mit schwerer Gegenwehr rechnen.
Die Frauen führen ein Leben am Rand der Gesellschaft in Deutschland und gleichzeitig mitten in einer anderen, selbst geschaffenen Kultur, die auch nicht mehr die Kultur des Herkunftslandes der Eltern oder Großeltern ist. Diesen Kulturkonflikt, den die Frauen schmerzhaft erleben und aus dem auszubrechen nicht alle die Kraft haben, beleuchten die beiden Regisseurinnen an Einzelschicksalen von sich wehrenden Frauen. Es ist nicht nur ein Gegensatz zwischen westlichem Individualismus und stärker auf die Familie ausgerichteten Traditionen, sondern es ist auch ein Modernisierungskonflikt zwischen ländlich agrarisch und städtisch industriell geprägten Gesellschaften.

Der Film analysiert, aus welchen Quellen sich der Ehrbegriff moslemischer Männer speist und welche Möglichkeiten in Deutschland bestehen, Zwangsehen zu verhindern und die Opfer zu schützen. Denn Frauen wie Sultana gibt es viel in Deutschland – sie zu unterstützen und ihnen zu helfen, sind Schulen und LehrerInnen ebenso gefordert wie Jugendämter oder im extremen Fall auch die Polizei. Die Bedrohung wird häufig noch unterschätzt.

Der Film beschreibt, welch zerstörerische Folgen Zwangsheirat hat: Für die, die sich fügen und unter Umständen in unglücklichen Ehen leiden, für die, die flüchten und alle Bindungen kappen müssen, und für ihre Eltern, die mit den alten Moralvorstellungen nicht brechen können und ihre Kinder wie auch das Ansehen in ihrer Gemeinschaft verlieren.

Kurzinfos

2005
Regie
Renate Bernhard
Sigrid Dethloff
Altersempfehlung
ab 14 Jahren
Länge
45 Minuten
Format
VHS
Sprache

"Für diese TV-Reportage lohnt sich das Einschalten unbedingt." FAZ

"Es ist ein auf den ersten Blick unpolitischer Ansatz, den der Film verfolgt, doch Sultanas schlichtes Plädoyer 'Ich wollte wie ein Mensch leben' – und nicht wie im Mittelalter, das hat Sprengkraft. es ist zugleich eine Anklage gegen das Wegschauen." epd medien