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Mona
Film

Dokumentarfilm von Agnes Rossa
Ägypten, Deutschland 2008, 30 Minuten, OmU

Inhalt

Mona lebt mit ihren vier Töchtern Maria, Marcelle, Monika und Morgina in einem winzigen Zimmer in Kairo. Um nach dem Tod ihres Mannes die Familie ernähren zu können, arbeitet sie als Müllsortiererin sieben Tage die Woche bei einem Monatslohn von 40 Euro. Im Gegensatz zu vielen anderen Kindern im Viertel besuchen Monas Töchter die Schule. Mona träumt davon, dass sie diese erfolgreich abschließen, um einmal ein besseres Leben als sie selbst führen zu können. Ihr ganzes Leben dreht sich um ihre Kinder, die sie mit viel Liebe und Stolz erzieht.
Die Regisseurin Agnes Rossa beobachtet den Alltag von Mona und ihren vier Kindern unkommentiert. Sie zeigt die Mutter bei ihrer schweren Arbeit auf der Mülldeponie, die Kinder in der Schule und hält die Momente am Morgen und am Abend fest, in denen Mutter und Kinder zuhause vereint sind. Der Film vermittelt nicht nur einen Eindruck von den Lebensverhältnissen, Wünschen und Träumen, Problemen und Freuden sowie dem Zusammenhalt der Familie, sondern informiert auch über das Müllverwertungssystem und die dahinter stehende soziale Infrastruktur in einer der größten Metropolen der Welt.

Zur Regisseurin Agnes Rossa

Agnes Rossa wurde 1976 in Klosterneuburg, Österreich, geboren. Sie studierte Malerei und Fotografie an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und der Kunstakademie Düsseldorf. 2005 -2012 studierte sie Audiovisuelle Medien an der Kunsthochschule für Medien in Köln.

Filmographie Agnes Rossa

997 nach Giza (2007) Dokumentarfilm, 30 min.
Mona (2008) Dokumentarfilm 30 min.
Cleaning Cairo (2013) Dokumentarfilm 30 min.

Ausführliche Inhaltsangabe

Der Kurzfilm Mona führt uns in das Leben einer gleichnamigen ägyptischen Witwe, die mit ihren vier kleinen Töchtern in einer der Müllsiedlungen Kairos lebt und arbeitet. Der Film beginnt mit dem Erwachen der Familie am Morgen, folgt ihnen durch den Tag, zu Arbeit, Schule und zum Essen bis in die Nacht hinein, bis zu ihrer Wiedervereinigung vor dem Schlafengehen.
Die Regisseurin Agnes Rossa hat den Film als Alltagsbeobachtung angelegt. Sie observiert das Leben der Protagonistin und ihrer Familie kommentarlos, unterstreicht deren beschwerliche, beengte und unhygienische Lebensumstände. Sie filmt das winzige Zimmer, in dem die Familie haust, die wenigen Habseligkeiten, notdürftig an die Wand genagelt, und wirft weitere, ausführliche Blicke auf die äußere Umgebung, in der sie leben, vermutlich Manshiyat Nasir auf dem Mokattam-Hügel im Osten Kairos gelegen, das wohl älteste Müllsammler-Viertel der Riesen-Metropole. Das sind sehr trostlose Bilder: dichtgedrängte, unverputzte Häuser, enge, aufgerissene Straßen, Müll wohin das Auge blickt, dazwischen Schweinegehege, Ziegen, Hunde, Eselskarren, unzählige Menschen, alles durcheinander und auf engstem Raum. Schockierend die hygienischen Verhältnisse in den Häusern und den Straßen, die sich mit den Sortierstellen mischen, desgleichen das Müllsortieren mit bloßen Händen, ohne jegliche Schutzvorkehrungen.
Durch den zeitlichen Rahmen, d.h. vom Tagesablauf Monas und ihren Kindern bestimmt, beginnt der Film am Morgen mit der schlafenden Familie, dem Erwachen, der notdürftigen Körperpflege in einer provisorischen, unbeleuchteten Latrine. Er folgt ihnen dann auf dem Weg zur Arbeit und zur Schule, durch enge, grau-verschmutzte Gassen. Er zeigt die Kinder in einem erstaunlich adretten Klassenzimmer beim Englisch- und Arabisch-Unterricht, dann wenig später - in krassem Gegensatz - beim Mittagessen mitten im Müll, dass sie aus einer ausgebreiteten Tüte zu sich nehmen, Knochenreste, Brot und Küchenzwiebeln, und das in der ängstlichen Nachbarschaft einer Ratte.
Heiter wirkt das Mühle spielen auf entsorgten Spanplatten und dann vor allem die Umarmungen und Küsse der Mutter für die Kinder am Abend. Es ist Muttertag und die Mädchen singen von mütterlicher Liebe und Aufopferung. Dann schauen sie Mona gespannt beim Geschenkeauspacken zu: ein Kopftuch und Bastelarbeiten. Umso rührender wirken diese Gesten, haben wir doch nur kurz vorher aus dem Munde der Protagonistin von ihrem Schicksal und dem Verlust ihres Ehemannes gehört, der früh an einem Herzinfarkt verstarb. Für ihn und die Kinder hat sie ihre Arbeit an einem öffentlichen Krankenhaus aufgegeben. Nach seinem Tod, so berichtet sie, gab es kein Zurück mehr in die sichere Anstellung und so sei ihr nicht viel mehr übrig geblieben, denn als Tagelöhnerin bei der Müllsortierung zu arbeiten, und dies zu einem Lohn von 60 ägyptischen Pfund (2008 etwa 10 Euro) pro Woche. Bleibt sie einmal zuhause, um ein krankes Kind zu hüten, fällt der Verdienst komplett aus. Für ihre Töchter, so sagt sie jedoch, ist ihr nichts zu teuer. Deren Schulbildung, so ihre Hoffnung, wird sie einst in die Lage versetzen, nicht die Fehler ihrer Mutter zu wiederholen.
Was Mona damit meint, erschließt sich sicher besser, wenn man weiß, dass in der immer noch patriarchal organisierten ägyptischen Gesellschaft Männer den Anspruch haben, Alleinversorger der Familie zu sein. Muslime wie Christen vor allem aus der Unterschicht ziehen es vor, wenn Frauen nicht außer Haus arbeiten. Dieser Anspruch kann mit der harten Realität im Lande allerdings nicht mithalten. Zwar machten 2012 die Frauen offiziell nur ca. 24% der Werktätigen im Lande aus, Studien gehen aber davon aus, dass vor allem auf dem Lande an die 4 Millionen Frauen unbezahlte (d.h. nicht erfasste) Arbeit leisten, wobei wiederum 33% aller Haushalte vom alleinigen Einkommen der Frauen abhängen soll. Die offensichtliche Diskrepanz dieser Zahlen ist ein Indikator für die riesige Grauzone des informellen Arbeitsmarktes, zu dem nicht zuletzt auch das Müllsortieren gehört.
Durch das Interview mit Mona und seine vielfältigen Beobachtungen aus ihrer nächsten Umgebung reißt der Film natürlich auch das Thema Recycling und die Probleme der ägyptischen Müllentsorgung an. Das rege hin und her der Karren, die den Müll durch die engen Gassen transportieren und teilweise einfach vor die Häuser kippen, um  dann das wiederverwertbare Material abzuholen, spricht für sich. Auch die freilaufenden Ziegen und die mitten zwischen die Häuser gequetschten Schweinegehege, die vom organischen Müll profitieren, bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Die Protagonistin selbst erklärt, wenn auch nur in Ansätzen, welche Materialien brauchbar und welche als "rubbish", d.h. als Restmüll zu betrachten sind. Auch von ihren Arbeitsbedingungen sieht man genug. Mit bloßen Händen wühlt sie im Abfall. Handschuhe oder Schutzkleidung gibt es keine. Sondermüll mischt sich ungefragt mit normalem Unrat.

Kritik und Hintergrundinformationen

Der Film will zeigen und nicht erklären, was ihm allerdings nicht durchweg gelingt. Nicht immer kann die Regisseurin den scheuen oder neugierigen Blick der Kinder in die Kamera umgehen, ihre Befangenheit kaschieren. Und auch ihre Mutter, sehr eloquent zwar und unbekümmert, stellt sich erst etwas umständlich auf Englisch vor und macht uns so die Sprachbarriere bewusst, die zwischen ihr und der Filmemacherin besteht. Auch erzählt Mona von ihrer bedingungslosen Liebe zu ihrem Mann und ihren Kindern, von den Spannungen, die ihr schwieriges Leben sicher mit sich bringt, sehen wir nichts. Wichtige Details entgehen uns, wie beispielsweise der Umstand, dass Monas Arbeitgeber im Gegensatz zu ihr Muslim ist, wie man an dessen Namen erkennen kann. Ob hieraus Konflikte entstehen und in welchem Verhältnis Mona zu ihrer eigenen Konfession steht, die in der Siedlung eine starke Präsenz zeigt, bleibt ebenfalls unklar. Wovon wir ebenfalls nichts erfahren, ist die historische Herkunft der ägyptischen Zabaleen (Müllsammler), in welchem Verhältnis sie zum Rest der Gesellschaft stehen, wie untypisch oder typisch ihre soziale Lage ist und welche Entwicklungsarbeit um sie herum geleistet wird.
Die erste Müll-Siedlung Kairos entstand in den 1940er Jahren. Koptische Bauern aus der Umgebung von Assiut begaben sich aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen nach Kairo und übernahmen die Aufgabe des Sortierens, während der beduinische Stamm der Wahiya die Vermittlungsarbeit zu den Haushalten übernahm. Als Bauern brachten die oberägyptischen Müllsammler ihre ländliche Lebensweise mit. Während Blech, Papier und später Plastik weiterverkauft wurden, verwendete man die organischen Abfälle zur Tierzucht, vor allem zur Fütterung von Schweinen, aber auch von Ziegen und Geflügel.
Der Verzehr von Schweinen ist bei Muslimen zwar verpönt, weil das Schwein, ähnlich wie schon bei den alten Ägyptern als unrein gilt, doch in einer multikulturellen und kosmopolitischen Gesellschaft wie es vor allem Ägyptens Großstädte Kairo und auch Alexandria vor der Nasser-Revolution 1952 waren, fanden sich immer genug Abnehmer für das Fleisch, nicht zuletzt für die lokale Mortadella Produktion. Zu den zahlreichen nicht-muslimischen Minderheiten zählten damals vor allem Italiener und Griechen, aber auch die einheimischen Christen, die heute zwischen 4% und 10% der Gesellschaft ausmachen sollen, von denen die meisten wiederum der koptisch-orthodoxen Kirche angehören. (Die Zahlen sind aufgrund der innenpolitischen Situation umstritten.)
Zu erwähnen ist auch, dass Mona bereits im Jahre 2008 produziert wurde und daher in einigen wichtigen Details nicht mehr aktuell ist. Ein Jahr später nämlich, nach dem weltweiten Ausbruch der Schweinegrippe ordnete die Mubarak-Regierung die Ausrottung aller ägyptischen Schweine an. Die Maßnahme wurde auf teils grausame Weise durchgeführt und entbehrte einer echten wissenschaftlichen Grundlage, zumal die Weltgesundheitsorganisation nur eine Übertragung von Mensch zu Mensch, nicht aber von Schwein zu Mensch konstatierte. Konfessionelle Gründe scheinen viel eher der Auslöser gewesen zu sein, wohl eine Art Anbiederung des Mubarak-Regimes an fundamentalistisch orientierte und den Muslimbrüdern nahestehende Bevölkerungskreise, denen die Schweine als besonderes Ärgernis erschienen. Da die Schweinehalter in der Mehrzahl Kopten sind, gab es keinen Widerspruch in der breiten Bevölkerung gegen die Tötungen. Aber all dies ging vor allem zu Lasten der Angehörigen der christlichen Minderheit des Landes. Und im Ergebnis hatte es zudem fatale Folgen für die Müllentsorgung der Hauptstadt, deren Straßen sich binnen kürzester Zeit mit organischem Müll zu füllen begannen.
Dieser Vorfall verschärfte die Müllkrise zusätzlich, die bereits 2003 mit einer folgenschweren Entscheidung der ägyptischen Provinzverwaltungen angefangen hatte. Diese hatten millionenschwere Verträge mit drei ausländischen Müllentsorgungsfirmen abgeschlossen. Im Gegensatz zu den Zabaleen, denen es bis dahin gelang, fast den gesamten Müll zu verwerten, erwiesen sich diese Firmen mit einer nur 20%igen Recyclingrate als höchst ineffizient. Außerdem trugen sie maßgeblich zur Verschmutzung der kairiner Straßen bei. Obwohl die Haushalte die Müllabfuhrkosten auf ihre Stromrechnungen gesetzt bekamen, holten und holen heute die Firmen den Müll nicht direkt bei den Haushalten ab, sondern begnügen sich damit, in unregelmäßigen Abständen ihre an den Straßenecken und Kreuzungen abgestellten Müllcontainer zu leeren. Das Ergebnis ist die Entstehung unzähliger kleiner Müllkippen, meist um jeden dieser Container herum, aus denen die in ihrer Existenz bedrohten Zabaleen direkt vor Ort die wertvollen Rohstoffe herausfischen und, da mittlerweile entbehrlich, die organischen Reste als Tummelplatz für streunende Hunde und Katzen hinterlassen.
Obwohl die Müllabfuhr und das Fiasko der ausländischen Verträge nach der Januar-Revolution 2011 viel diskutiert wurde, hat sich bis heute für das Problem keine wirkliche Lösung gefunden, da es sich rein rechtlich als fast unmöglich erwies, aus den Verträgen auszusteigen. Die Zabaleen hingegen, politisch mobilisiert wie alle anderen gesellschaftlichen Gruppierungen im Lande, melden sich heute verstärkt zu Wort, versuchen sich mittlerweile gewerblich zu organisieren und für die eigenen Rechte einzutreten.
Selbstverständlich spiegeln sich in der Situation der Zabaleen, die in den letzten Dekaden noch weitere Siedlungen rund um die Hauptstadt gegründet haben, viele Probleme der ganzen ägyptischen Gesellschaft wider. Ähnlich wie die Gesamtbevölkerung ist auch die Zahl der Müllsammler in den letzten Jahren immens angewachsen, von ursprünglich 8.000 ist sie im Großraum Kairo heute auf 80.0000 angestiegen. Ihr Erscheinen in den 1940er Jahren fällt zudem fast zeitgleich mit der Entstehung anderer informeller Siedlungen oder Slums in und um die ägyptische Metropole herum zusammen. Letztere umfasst heute wohl an die 20 Millionen Einwohner, also etwa ein Viertel der gesamten Bewohner des Landes, ein Phänomen für das Landflucht und Bevölkerungsexplosion gleichermaßen verantwortlich zu machen sind.
Auch wenn der ägyptische Staat seit den 1980er Jahren versucht, diesen Wildwuchs einzudämmen, behindern Korruption und Ineffizienz jede sinnvolle Planung. Raubbau an den landwirtschaftlichen Flächen, mangelnde Infrastruktur, vor allem was Be- und Entwässerung betriff, kaum asphaltierte Straßen und viel zu wenig Schulen in höchst dicht besiedelten Armenvierteln sind die unmittelbare Folge. Ein weiteres Problem ist die Abwesenheit einer gesetzlichen Krankenversicherung, Arbeitslosenhilfe, sowie Witwen- und Altersrente. Die geringe Ahndung der epidemischen Verstöße gegen Arbeitsschutzgesetze und das Verschleppen einer der wichtigsten Forderungen der Januar-Revolution, nämlich die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes tun ein Übriges.
Anders als viele andere Slums des Landes hat sich das Gebiet der Zabaleen vor allem am Mokattam Hügel seit den 1950er Jahren - wohl weil es in krassem Widerspruch zu modernen Vorstellungen von einer sauberen und hygienischen Umwelt steht - zum Tummelplatz für kirchliche, karitative und Entwicklungshilfe-Organisationen entwickelt. Die katholische, evangelische und die koptische Kirche bemühen sich um die vorwiegend christlichen Bewohner und kümmern sich gemeinsam mit privaten Initiativen um Aufklärung, Hygiene und vor allem um die private Schulbildung der Kinder. Dies erklärt auch die kleine Anzahl von SchülerInnen und der effiziente Unterricht, den Monas Kinder erhalten und der an staatlichen Schulen in dieser Form nicht zu finden ist.
Eine der wichtigsten Organisationen, die in Manshiyat Nasir ansässig ist, nennt sich A.P.E., Association for the Protection of the Environment, gegründet von Yousriya Loza und unterstützt von Marie Assaad, eine ehemalige Vertreterin des Weltkirchenrates. A.P.E. macht Jugend- und Kinderarbeit, sorgt für Fort- und Weiterbildung, und betreibt eine Art Kooperative für die Produktion und den Verkauf von handgeschöpftem Papier, Flickenteppichen und anverwandten Handarbeiten und deren Vertrieb. Auch Laila Iskandar, deren Tochter Mai Iskandar 2009 den FilmGarbage Dreams (Müllträume, USA 2009) drehte, kümmert sich durch ihre Recycling Schule um Erwachsenenbildung und gewerbliche Fortbildung, wie man in einem weiter unten aufgeführten PBS-Fernseh-Beitrag sehen kann.
Immer mehr Einfluss gewinnt auch die koptische Kirche, die seit den 1980er Jahren dem anwachsenden Konfessionalismus mit Isolationismus und regem innerkoptischem sozialem Engagement begegnet ist. Im Gebiet der Zabaleen zum Beispiel entstand eine riesige Gemeinde, für die die spektakuläre Felsenkirche des Hl. Samaan (Simon) gebaut wurde, welche an die 20.000 Gläubige fassen kann. Das enge Verhältnis der koptischen Zabaleen-Familien zu ihrer Kirche wurde in dem Film Marina of the Zabaleen (GB 2008) der ägyptisch stämmigen Britin Engi Wassef hervorragend thematisiert. Auch die inneren und äußerem sozialen Konflikte, denen Kinder und Familien in Manshiyat Nasir ausgesetzt sind, wurde hier deutlicher herausgearbeitet als in Mona.
Das karitative Interesse geht auch mit einer guten medialen Abdeckung der ägyptischen Müllsammler einher, dazu gehören eine Flut von Artikeln und Reportagen. In den Jahren 2008/2009 entstanden etwa zeitgleich mit Mona die beiden bereits erwähnten Dokumentarfilme Marina of the Zabaleen und Garbage Dreams. Ein abendfüllender Dokumentarfilm aus den Emiraten mit dem Titel Zabaleen von Justin Kramer ist momentan in Arbeit.
Die Frage stellt sich natürlich, warum sich, trotz des regen internationalen Interesses und nach all diesen Jahren intensiven lokalen Engagements, die Verhältnisse punktuell aber nicht strukturell gebessert haben. Eine kompetente Antwort zu dieser Frage muss spezialisierten Studien vorbehalten bleiben. Allerdings ist zu vermuten, dass dies mit den allgemeinen politischen Problemen des Landes zusammenhängt, vor allem schlechter Verwaltung und auch Korruption; aber ebenso auch einer jahrzehntelangen Behinderung zivilgesellschaftlichen Engagements durch die Behörden geschuldet ist. Während der Staat angesichts der sich rapide wachsenden Bevölkerung seinen Aufgaben nur schleppend, willkürlich oder sporadisch nachkommt, warfen und werfen vor- und nach-revolutionäre Führungen aus machtpolitischen Gründen den Nichtregierungsorganisationen gesetzliche Knüppel zwischen die Beine und behindern so deren Ausbreitung und Arbeit.
Von all diesen geschilderten Hintergründen und Problemen erfährt man in Mona kaum etwas, dies wäre in einem 30-Minuten-Film auch kaum zu leisten, so bleibt der Film aber auch recht deskriptiv an der rauen Oberfläche hängen und lässt von vielen der genannten Zusammenhängen höchstens leise etwas ahnen.

Zum Einsatz des Films

Auch wenn es der Regisseurin nicht ganz gelingt, das Eis zwischen ihr und der porträtierten Familie zu brechen, handelt es sich trotzdem um ein ungewöhnliches Porträt, das dem Stereotyp der unterwürfigen Frau in der arabisch-islamischen Kultur widerspricht. Dies, zumal die alleinerziehende Mona allen Umständen zum Trotz das Beste aus ihrer schwierigen Situation zu machen versucht und alles daran setzt, um ihren Töchter eine bessere, selbstbestimmte Zukunft zu ermöglichen.
Außerdem gelingt es dem Film über weite Strecken den spektakulären Eindruck, den die unhygienischen Verhältnisse im Viertel der Zabaleen erwecken, einseitig auszubeuten. Es gelingt ihm stattdessen, seine Beobachtungen der Lebensverhältnisse und des Milieus im Sinne einer allgemeinen Sozialkritik zu verwenden. Durch diese Beobachtungen kann mit Zuschauern allgemein über Armut in Schwellen- und sogenannten Entwicklungsländern nachgedacht werden und über eine gerechtere Verteilung von Ressourcen. Es kann aber auch gezielt und thematisch über die Vorzüge der sozialen Marktwirtschaft diskutiert werden, die den Anspruch hat, für angemessene Löhne, eine soziale Absicherung und Arbeiterschutz zu sorgen. Nicht minder wichtig erscheint es im Zusammenhang des Films auch, über verschiedene Möglichkeiten von Müllverwertung und Recycling nachzudenken. Nach einer entsprechenden Verbesserung der hygienischen und sozialen Verhältnisse böten die Zabaleen durchaus ein diskutables, weil effizientes privatwirtschaftliches Modell der Müllverwertung, das man mit den Recycling-Modellen anderer Länder vergleichen könnte.

Angrenzende Themen

  • Umweltschutz und Recycling
  • Armut und soziale Gerechtigkeit
  • Kopten und Muslime
  • Familie und Gesundheit
  • Zivilgesellschaft
  • Ägypten, Staat und Gesellschaft

Links und Hinweise zum unmittelbaren Thema des Films

Aktuell:

  • http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/55025/Egypt/Politics-/Zabaleen-Egypts-traditional-garbage-collectors-str.aspx

Soziales Engagement verschiedener Akteure:

  • http://www.ape.org.eg/
  • http://www.ekir.de/aegypten/ezbet_el_nakhl/zabaleen/mllsamml.htm
  • http://www.ekd.de/aktuell/edi_2012_07_19_tereasa_von_aegypten.html
  • http://weekly.ahram.org.eg/2009/969/sc81.htm
  • http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=8l0r7gKrZkw (PBS Beitrag zu Mai Iskander)

Müllverwertung und Entwicklung in Ägypten:

  • http://uir.fh-bingen.de/fileadmin/user_upload/%C3%84gypten/Abfall/Besonderheiten_Abfallentsorgung_Kairo/Besonderheiten_Abfallentsorgung_Kairo.pdf
  • http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Aegypten/kairo2.html

Frauen in Ägypten:

  • http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/frauen-in-aegypten-die-ruhe-nach-dem-sturm-12733.html
  • http://ecwronline.org/pdf/reports/2013/egyptian_women_conditions_in2012.pdf http://www1.aucegypt.edu/src/wsite1/research/research_economicparticipation.htm http://www.nytimes.com/2010/07/14/world/middleeast/14iht-letter.html?pagewanted=all&_r=0
  • http://www.globalpost.com/dispatch/news/regions/middle-east/egypt/120522/egyptian-women-presidential-election-military

Zivilgesellschaft in Ägypten:

  • http://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/kein-raum-fuer-zivilgesellschaft-aegypten

Ausrottung der ägyptischen Schweine:

  • http://www.uni-mainz.de/presse/29448.php
  • http://www.zeit.de/online/2009/22/schweinegrippe-aegypten-schweine
  • http://www.taz.de/!34980/

Schweine im Alten Ägypten:

  • http://www.aegypten-geschichte-kultur.de/schwein

Weitere Filme zum Thema Ägypten:

  • Kairo 678 von Mohammed Diab, Ägypten 2010, 100 Min. OmU
    Bezug: EZEF

Literaturhinweis:

  • Ägypten: Religionen und Revolutionen. Darum. Magazin aus Mission und Ökumene, Heft Nr. 3 Sept.-Nov. 2013
     

Autorin: Dr. Viola Shafik
Redaktion: Bernd Wolpert
Oktober 2013

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