Ein Containerschiff läuft in Lissabons Hafen ein; vorbei am Torre de Belem, dem Ausgangspunkt der portugiesischen Seefahrer, die vor 500 Jahren ausgelaufen waren, Afrikas Küsten zu erobern. An Bord des Schiffes ist ein Blinder Passagier, in dessen Armen sein aus Angola kommender Schicksalsgefährte gestorben war.
Endlich hat der Flüchtling den ersehnten europäischen Boden unter den Füßen, doch schon wird er von einem schwarzen Polizisten verfolgt... Er sucht in einem offenen Container Zuflucht. Doch dort haben sich schon andere versteckt. Auf der weiteren Verfolgungsjagd durch das Hafengebiet wird er von einem Auto angefahren. Während der hinzueilende Polizist den Fahrer festhält, gelingt ihm erneut die Flucht. Erleichtert atmet er auf, als er auf andere Afrikaner trifft. Doch statt der erwarteten Hilfe haben sie es auf das wenige Geld abgesehen, das er in seinen Schuhen versteckt hat. Und der Polizist ist ihm noch immer auf den Fersen. Die Verfolgung geht weiter.
Schließlich gibt der illegale Emigrant auf und läßt sich resigniert auf den Stufen einer großen Freitreppe nieder - etwas oberhalb aber in erkennbarer Reichweite seines Verfolgers. Erschöpft aber friedlich vereint blicken sich die beiden an, um nach einem kurzen Wortwechsel gemeinsam von dannen zu ziehen.
Von den kurzen Zwischen- bzw. Rolltiteln, die wir aus Stummfilmen kennen, erfahren wir, daß der Held zu seinem in Europa lebenden Cousin hatte kommen wollen, nun aber abgeschoben wurde und jetzt sein Glück wieder zu Hause versuchen will. Er ist um eine Erfahrung reicher - doch der Freund, den er auf der Überfahrt gefunden hat, und der um politisches Asyl ersuchen wollte, ist tot.
Weil der Film gekonnt und gewitzt mit den Erwartungen des Flüchtlings spielt - dieser wähnt sich im ‘reichen Europa’, stößt aber erneut auf Armut, Ausgrenzung und Verfolgung - ist er gut dazu geeignet, als Impulsmedium für eine Beschäftigung mit den Themen, Flucht, Migration und Asyl zu fungieren. Gekonnt balanciert der Film zwischen der Situationskomik der Slapstick-Stummfilme und dem bitter-melancholischen Ernst dieses Genres, daß die armen Leute nichts zu lachen haben.
Der blinde Passagier
Le Clandestin
1996
Regie
José Laplaine
Altersempfehlung
ab 12 Jahren
Länge
15 Minuten
Format
DVD
Genre
Untertitel
Sprachfassung
OmU
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