In Bangladesch, am einstmals weißen Strand von Chittagong, finden ausgemusterte Tanker und Containerschiffe ihr Ende. Tausende von Arbeitern ziehen die Ozeanriesen mit Hilfe von Stahl-Seilen an Land: barfuss und mit bloßen Händen. In den Abwrack-Werften am Strand zerlegen sie in mühsamer Schufterei die rostigen Pötte. »Lohakhor« nennt man diese Arbeiter in der Landessprache – »Eisenfresser«.
»Ich wollte wissen, wer die Menschen sind, die über Monate für einen Hungerlohn zu uns in den Süden kommen«, sagt Regisseur Shaheen Dill-Riaz, der in der Nähe von Chittagong aufgewachsen ist. Die Werft, die er dazu besucht hat, trägt den Namen PHP. Das steht für »Peace, Happiness and Prosperty«.
Die beiden Kleinbauern Kholil und Gadu heuern seit Jahren Männer aus dem armen Norden an, die meisten davon Verwandte und Nachbarn aus ihrem Dorf. Die alljährliche Hungersnot nach den Überschwemmungen der Regenzeit zwingt sie, ihre Heimat zu verlassen. Im Süden, in Chittagong, hoffen sie, das Geld zum Überleben ihrer Familien zu verdienen. Auf einer der Werften angekommen, werden sie nicht einfach angestellt, sondern finden sich in einem komplizierten Geflecht, das sie mit nicht ausgezahlten Vorschüssen und Krediten knebelt. Da sie nur in werfteigenen Unterkünften wohnen und sich nur bei den ortsansässigen Lebensmittelhändlern versorgen können, sind sie am Ende der Saison hoch verschuldet. Nach Abzug der aufgehäuften Kosten bleibt ihnen oftmals nicht einmal genug, um die Heimreise damit zu bezahlen. Ausgebeutet, ausgelaugt und gebrochen, sitzen sie in einer regelrechten Schuldenfalle. Dabei erledigen gerade sie die härtesten und auch gefährlichsten Arbeiten.
Mit Shaheen Dill-Riaz lernen wir ein ausgeklügeltes System von Ausbeutung kennen, aus dessen verhängnisvollem Kreislauf von Not und Ausbeutung nur wenigen Arbeitern der Ausstieg gelingt.
Der Regisseur über seinen Film: »Wenn du Hunger hast, kannst du alles essen, auch wenn es Eisen ist, sagt Karim, mein Schulfreund, der mit dem Hammer und Schweißgerät vor einem zweiundfünfzigtausend Tonnen schweren Schiff steht. Tausende von Arbeitern schuften in den Schiffsabwrackwerften am ehemals weißen Strand von Shitakundo in Bangladesh.
Vor 20 Jahren habe ich den Spielplatz verlassen, der jetzt ein Schiffsfriedhof ist. Westliche Medien berichten über Umweltzerstörung und gefährliche Arbeitsbedingungen, aber für die Freunde aus meiner Jugendzeit, die jetzt Eisenfresser sind, steht das Überleben im Mittelpunkt. Ich versuche, mich ihnen zu nähern und die Welt mit ihren Augen zu zeigen. Es ist nicht nur die Arbeitsprozedur, die diese Welt so eigen macht, sondern auch die bewundernswerte Kraft, die diese Menschen haben. Da stehen urmenschliche Gestalten mit primitiven Werkzeugen vor dem Abfall der Zivilisation, den sie bis auf die letzte Schraube wiederverwerten. Es ist mühsam, es ist lebensgefährlich, es ist eigentlich nicht zu schaffen. Aber sie schaffen es trotzdem – seit vielen Jahren.«
Eisenfresser
2007
Regie
Shaheen Dill-Riaz
Altersempfehlung
ab 16 Jahren
Länge
85 Minuten
Format
DVD
Genre
Sprache
Sprachfassung
OmU
EZEF
DVD
nicht-gewerbliche öffentliche Vorführung / Institutionen
55,00 EUR
Arbeitshilfen