Sankofa

Monotones Trommeln dröhnt über die Brandung am Strand von Ghana. Mit seinen Trommeln beschwört Sankofa die Geister der Toten. Die Geister jener, die einst von hier aus als Sklaven in die "Neue Welt" verschifft wurden. Hier in den Kellern des einstigen Sklavenforts Elmina waren sie zusammengepfercht worden, ehe die Reise begann, die viele von ihnen nicht überlebten. Mona, einem afro-amerikanischen Fotomodell, dient das Fort nicht als Touristenattraktion, sondern als Kulisse für Modeaufnahmen. Aber Sankofa zieht sie in den Bann seiner Musik. Wie von einer magischen Kraft angezogen, betritt sie die Kerkeranlagen - und hier beginnt ihre Reise zurück in die Vergangenheit. "Ich bin Amerikanerin!" kreischt sie, als Sklavenhändler sie packen und wegzerren, sie fesseln und brandmarken. Mona, die schöne, selbstbewusste US-Bürgerin, findet sich wieder als Haussklavin Shola auf einer Zuckerrohrplantage auf Jamaica. Mit diesem Zeitsprung blendet der Film zurück in die Anfänge der afro-amerikanischen Geschichte. Von Ghana aus verfolgt er nun das Schicksal der afrikanischen Sklaven in die Neue Welt. Während die Anführer der Sklaven eine Rebellion planen, steht Shola als Haussklavin zwischen dem weißen Plantagenbesitzer und der schwarzen Mehrheit. Als sie sich mit den Feldsklaven solidarisiert, fällt sie jedoch schnell in Ungnade und bekommt den Unterdrückungsmechanismus des Systems zu spüren.

Haile Gerima untersucht in 'Sankofa' das System der Sklavenwirtschaft, analysiert die Mechanismen, mit denen dieses System aufrechterhalten wird, und er beschreibt, wie sich im Untergrund der Widerstand der Schwarzen formiert, der sich gegen das Joch der Europäer stellt. In diesem Widerstand - dies ist die Botschaft für die Gegenwart - liegen die Wurzeln der heutigen afro-amerikanischen Kultur.

Kurzinfos

1993
Regie
Haile Gerima
Altersempfehlung
ab 16 Jahren
Buch
Haile Gerima
Länge
125 Minuten
Format
16mm
35mm
Genre
Sprachfassung
OmU
Kamera
Agustin Cubano
Ton
Charles Dixson
Yassala B. Sessouma
Musik
David J. White
Schnitt
Haile Gerima
Darsteller
Oyafunmike Ogunlan
Alexandra Duah
Nick Medley
Mutabaruka
Kofi Ghanaba
Produktion
Negod Gwad Productions
Haile Gerima
Shirikiana Aina


„Gerimas bildgewaltiger Film singt ächzend das Totenlied eines Kontinents, dessen vitales Erbe in alle Winde verstreut ist, und sein Trommelrühren hat die Kraft der Erweckung. Ein poetischer Film, aufrüttelnd schön.“ Stuttgarter Zeitung

„Was Lees Malcolm X versucht, gelingt diesem Film ohne Zweifel: das Bewusstsein zu öffnen für den Wert der schwarzen Kultur.“ Der Tagesspiegel

„Ekstase und Reflexion, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Geschichte, Perspektive und Utopie: Der in den USA lebende und arbeitende Äthiopier Haile Gerima, einer der wichtigsten Filmemacher Afrikas, entwirft in Sankofa eine Perspektive für die gesamte afrikanische Welt. (...) Sankofa ist der erste Film, der für die Frühgeschichte der afro-amerikanischen Gemeinschaft Bilder einer afrikanischen Sensibilität findet.“ film-dienst

„Eine Geisterbeschwörung, die Afrika mit seinen Erinnerungen versöhnt.“ Jean Servais Bakyono

„Sankofa ist eine bedeutsame Leistung in der Filmgeschichte Afrikas und der Schwarzen. Vielleicht der
panafrikanischste aller bisher gedrehten Spielfilme – was die Blicke, die Töne, das Temperament betrifft.
Sankofa beginnt in der Gegenwart – einer Gegenwart, die von der Vergangenheit widerhallt –, blendet dann zurück in die Vergangenheit – eine Vergangenheit, die vorwärts in die Gegenwart weist – und endet in der Gegenwart – einer Gegenwart, projiziert in die Zukunft.“ Ecrans d’Afrique

„In Sankofa bin ich die einzige Schauspielerin aus Afrika. Alle anderen leben in den USA und in Jamaika. Als sie, unsere Brüder und Schwestern, nach Ghana kamen, um in der Festung Cape Cost zu drehen, stand ihnen offensichtlich das, was sich früher hier abgespielt hat, real vor Augen. Manche kamen schreiend und in Tränen aufgelöst aus den Kerkerzellen herausgelaufen. Sie alle fühlten noch den Schmerz über das, was dort geschehen ist. Auch ich hätte, wäre es nach mir gegangen, diesen Ort nie betreten. (...) Die Schauspielerin, die das schwarze Modell Mona spielt und im Film zum Lustobjekt des
Sklavenhalters wird, erzählte mir, dass ihre Großmutter bei einer Vergewaltigung durch einen  Sklavenhalter in Jamaika gezeugt worden war. Der Schauspieler, der in Wirklichkeit Nick und im Film Joe heisst und meinen Mischlingssohn und den Aufseher-Sklaven spielt, erzählte mir, dass sein Großvater Joe hieß und Mischling war und deshalb ähnliche Identitätsprobleme hatte, wie er sie im Film darstellen sollte. Und Moussa ist sogar noch auf einer Plantage aufgewachsen, auf der die Leute gefoltert wurden, wie es im Film gezeigt wird. So war das Ganze oft viel zu viel für uns alle. Wir fragten uns fassungslos, wie es unser Regisseur Haile Gerima geschafft hat, ausgerechnet uns für diesen Film zusammenzubringen;
alles Leute, die letztlich sich selber, ihre eigene Familiengeschichte spielen. Nach jedem Drehtag fühlten wir dies deutlicher, und das war eine bewegende Erfahrung.“ Aus einem Interview mit Alexandra Akoto Duah, der Darstellerin der Nunu, zitiert nach zoom

Leihen

Von diesem Film steht eine Kopie nur zu Archivzwecken zur Verfügung. Vorführungen sind nicht mehr möglich. Bitte wenden Sie sich wg. Sichtungsanfragen telefonisch unter 030-325321342 oder per E-Mail: info@ezef.de