Haitianische Wanderarbeiter auf einer Zuckerrohrplantage in der Dominikanischen Republik, Rübenbauern in Dithmarschen, ein Broker an der Warenterminbörse in New York, ein Affenforscher in Paris, Gen-Ingenieure in Texas – miteinander verbunden, wenn auch unsichtbar, sind all diese Menschen durch den Zucker-Weltmarkt. Derzeit wird der Weltmarkt für Süßungsmittel auf 70 Milliarden Dollar im Jahr geschätzt.
Seit Jahrhunderten ist Zucker der wichtigste Stoff in diesem Geschäft. An den Warenterminbörsen in London, Paris und New York floriert der Handel mit Zuckerfutures - Wetten auf die Zuckerpreise kommender Ernten. Kontrolliert wird der Handel von großen englischen, US-amerikanischen und französischen Handelsgesellschaften. Manche von ihnen existieren bereits seit der Ära der europäischen Zuckerkolonien in der Karibik. Doch auch eine Handvoll Hamburger Handelskontore wickelt das süße Geschäft über die Börsen in New York und London ab. Schon immer war Süßes ein besonderes Gut. Über Jahrhunderte war Zucker für mehr als die Hälfte des Überseehandels der europäischen Nationen verantwortlich. Millionen von Sklaven wurden von Afrika in die Zuckerkolonien in der Karibik und in Brasilien gebracht. Der Süßhunger der Europäer prägte nicht nur die Wirtschaft der Neuen Welt.
Heute kämpfen Bauern und Konzerne weltweit um die Profite mit der süßen Sucht. Die europäische Zuckermarktordnung nimmt dabei einen besonderen Platz ein. Aber die Frontlinien dieses Kampfes verlaufen global und neue kommen hinzu: die Gentechnik eröffnet neue Perspektiven. Ein supersüßes Eiweiß aus dem Herzen Afrikas könnte nicht nur die norddeutschen Rübenbauern arbeitslos machen. Vor rund 15 Jahren entdeckten Forscher eine neue Klasse supersüßer Eiweiße in Früchten aus dem afrikanischen Regenwald. Den Stoff, aus dem die Träume der Foodkonzerne sind, fand ein französischer Affenforscher in den roten Lieblingsfrüchten seiner Beobachtungsobjekte. Nordamerikanische Forscher brauchten nur wenige Jahre, um die Gene des süßen Proteins zu isolieren. „Brazzein“ nannten sie den Stoff, den sie flugs weltweit patentierten. Rund 1000 mal süßer als Zucker und dabei kalorienfrei - ideal für die Foodindustrie. Eine texanische Biotechschmiede hat die Gene in Mais eingebaut. Die Maispflanzen werden so „umprogrammiert“, dass sie Brazzein produzieren. Schon in wenigen Jahren soll der neue Süßstoff billig und in großen Mengen auf den Markt kommen.
In Deutschland, Frankreich, der Dominikanischen Republik, Mexiko und den USA verfolgt und analysiert die Reportage „Süßhunger“ die Spuren eines der historisch ersten Produkte globalisierter Märkte und lässt Sieger und Verlierer des Zuckergeschäftes zu Wort kommen.
Süßhunger
2002
Regie
Christoph Corves
Altersempfehlung
ab 16 Jahren
Länge
45 Minuten
Format
DVD
Genre
Sprachfassung
OmU
Arbeitshilfen