Dokumentarfilm von John Buche
Österreich 2002, 27 Minuten, Kurzfassung, dt. Fassung
Inhalt
Viele jugendliche Fußballtalente in Ghana, Nigeria, Senegal und weiteren afrikanischen Ländern hegen einen großen Traum: Sie wollen Profi-Fußballspieler in Europa werden. Sie eifern bekannten Vorbildern wie Abedi Pele oder George Weah vorbehaltlos nach. Viele Familien in afrikanischen Ländern wollen, dass ihre Söhne Fußball spielen. Die ganze Familie strengt sich an. Obwohl sie kaum Geld haben, versuchen sie, ihren Kindern Fußballschuhe zu kaufen. Sie hoffen, dass sie einmal Karriere machen – eine der wenigen Chancen, zu Geld zu kommen und ein besseres Leben zu führen. Das können auch Radiosendungen nicht verhindern, die regelmäßig die Fragwürdigkeit des Handels mit jungen Talenten anprangern und darauf hinweisen, dass nur die wenigsten Karriere machen werden. Der Film erzählt anhand von vier Fußballspielern vom Erwartungsdruck, dem sie ausgesetzt sind, von ihren Hoffnungen und den Schwierigkeiten, auf die zwei von ihnen in Europa gestoßen sind.
Die Familie des 12-jährigen Farid ist auf dessen Lohn angewiesen, da der Lebensunterhalt der 17 Mitglieder der Großfamilie viel kostet. Sie setzt deshalb alle Hoffnungen auf eine möglichst erfolgreiche Fußballkarriere Farids. Auch auf Farouk lastet ein großer Druck, er ist der einzige Fußballspieler in der Familie. Die Eltern erwarten viel von ihrem 15-jährigen Sohn, und der Vater hat bereits eine Abmachung mit dem Vereinspräsidenten Abu getroffen. Für seine Hilfe erhält der Präsident die Rechte an Farouk und wird in alle künftigen Verhandlungen einbezogen. Im Gegenzug kümmert er sich um Farouk, dessen Ausbildung und Gesundheit.
Der 17-jährige Monday aus Nigeria hat den Schritt nach Europa bereits geschafft; er wurde von einem Fußballagent in seiner afrikanischen Heimat entdeckt und nach Belgien geholt, wo er in der Mannschaft von Gent spielt. Allerdings wurde er vom Klub nie offiziell angemeldet. Die Klubverantwortlichen nützen seinen Status als Illegaler schamlos aus, indem sie ihm keinen Lohn bezahlen. Monday steht unter Erfolgsdruck: Er sollte möglichst gut Fußball spielen, und kann trotzdem seiner Familie das ersehnte Geld für ihren Lebensunterhalt nicht schicken. Kweku Gyesi, ehemaliger Profi in der belgischen Liga, teilt dieses Schicksal. Heute jobbt er und studiert Ökonomie. Er ist nur eines von vielen Beispielen von illegal eingereisten Nachwuchstalenten aus Afrika.
Die Fußballverantwortlichen in Europa haben das Problem zwar erkannt, wie Aussagen der Fußballlegende Franz Beckenbauer oder von FIFA-Präsident Sepp Blatter bezeugen. Doch die vorgeschlagenen Maßnahmen für einen besseren Schutz der jungen Nachwuchstalente greifen kaum, zu viel steht für die europäischen Klubs auf dem Spiel.
Zum Film
Der Bericht über die schwierigen Lebensumstände junger Fußballtalente verblüfft immer wieder mit Spielszenen, die zum Beispiel in einer unebenen Seitenstraße einer afrikanischen Stadt zwischen Pfützen und Abfall tolle Dribbelkünste zeigen. Der Film zeigt, unter welch einfachen Verhältnissen die Spieler trainieren müssen, und fasziniert mit deren Ballkünsten. Dass Talentsucher aus Europa im Auftrag von Fußballmanagern und Klub-Verantwortlichen hier auf die „Jagd“ gehen, ist zwar verständlich. Ein Blick hinter die Kulissen lässt aber Zweifel an dieser neuen Form von „Kolonialismus“ aufkommen.
Faszination des Spiels auf der einen, unsaubere Geschäfte auf der andern Seite – ein anspruchsvolles Thema, für dessen Aufarbeitung Hintergrundwissen vorausgesetzt wird. „Sold out“ bietet einen Einstieg ins Thema. Durch die Schilderungen junger Talente erfahren wir einiges über deren Nöte und Hoffnungen und können verstehen, in welchem Zwiespalt sie leben. Am liebsten würden wir sie davon abhalten, nach Europa auszuwandern, gleichzeitig würden wir ihnen angesichts ihrer Herkunft einen sozialen Aufstieg über den Sport nur allzu gerne gönnen. Die Schlussszenen lassen einen denn auch etwas ratlos zurück und geben wenig Hoffnung auf Besserung. Zwar gibt es einen Ehrenkodex der FIFA (Fédération Internationale de Football Association), doch zu allgemein erscheinen angesichts der wahren Verhältnisse deren Forderungen. Die Stärke des Films ist denn auch, dass er das Problem des „Menschenhandels“ öffentlich anprangert und eine Diskussion in Gang setzt.
Hintergrund
Hauptsache, raus aus Afrika
Papa Bouba Diops Weg nach Europa
Im Senegal lernen die Kinder oft zur gleichen Zeit gehen und den Ball herumkicken. Bald danach beginnt der Traum von der großen Fußballkarriere im Ausland. (…)
Papa Bouba Diop verließ 1999 Senegal auf leisen Sohlen. Nicht einmal sein Dakarer Klub Jaraaf, bei dem er unter Vertrag stand, wusste von seinen Schweizer Karriereplänen. Wie Spielervermittler Nicolas Geiger bestätigt, habe ihm Diop damals mit Unterschrift bestätigt, dass er in keinem Klub spiele: In der Schweiz brachte Geiger den zunächst im Sturmzentrum spielenden Senegalesen beim Klub Vevey-Sports unter und überließ ihn kurze Zeit später Neuenburg Xamax. Der Dakarer Verein Jaraaf meldete sich nach einer Weile wegen einer Ablöse beim Westschweizer Verein und unterbreitete danach den Fall der FIFA. Diese bestätigt zwar, dass es eine Akte Diop gab, erteilt aber keine Auskunft über deren Inhalt, „weil wir solche Dinge immer vertraulich behandeln“, so Omar Ongaro, FIFA-Jurist in der Spielerstatut-Abteilung.
Rückblickend, sagt El Hadji Fallou Diop, der Präsident von Jaraaf, habe man im Fall Diop Glück im Pech gehabt: „Diops Preis stieg nämlich in dem Moment, als er an der WM das 1:0 gegen Frankreich erzielte. “300 000 Dollar seien Jaraaf nachträglich für den Spieler zugesprochen worden. Bezahlt habe Neuenburg Xamax allerdings immer noch nicht vollumfänglich, doch dafür habe man in Afrika Verständnis; schließlich kenne man die schwierige, finanzielle Situation des Klubs.
So oder so haben die geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden Vereinen wegen der Affäre Diop nicht gelitten: Im Juli 2003 wechselten zuletzt zwei Spieler von Jaraaf zu Neuenburg Xamax: Cheikh Daffe und Badara Niakasso: Werden die beiden bis 2008 an einen anderen Klub verkauft, kann Jaraaf mit einer Beteiligung von 50 Prozent am Transfererlös rechnen.
Im Übrigen ist Spielervermittler Geiger heute der Meinung, dass Xamax zu viel Geld für den ehemaligen WM-Torschützenkönig Diop bezahlt habe, der nach Engagements bei den Grasshoppers und bei Lens derzeit mit Metallurg Donezk in Verbindung gebracht wird.
(Auszüge aus Artikel von Judith Wyder, NZZ am Sonntag (Neue Zürcher Zeitung/CH), 25. Juli 2004) / © Judith Wyder
Paulinho – Träume und Realitäten
Fußballstars aus den Favelas der Entwicklungsländer treiben in Europa das Fußballgeschäft an. Sie träumen von großen Erfolgen und dem großen Geld. Der brasilianische Nachwuchsspieler der Berner Young Boys (YB/Schweiz), Paulinho, 23 Jahre, ist einer davon. Im Juni 2003 kam es zum Skandal, als er seinem Teamkollegen Johann Vonlanthen die Kreditkarte stahl und von dessen Konto 5 000 Franken abhob. Paulinho wurde überführt, gab die Tat zu, zahlte das Geld zurück. Seinen Vertrag beim Young Boys-Klub allerdings war er dennoch los. Ohne Arbeitsvertrag aber wurde sein Aufenthaltsstatus in der Schweiz sofort prekär. Nur mit viel Glück fand er im SSV Jahn Regensburg in der 2. Bundesliga einen neuen Arbeitgeber.
(aus: Begleitdossier zur Plakatserie «Sport – globales Spiel», Cordula Sanwald, AG, Hilfswerke Bern/CH 2005)
David Beckham: 22 Millionen Euro im Jahr
Fußballklubs sind mittlerweile zu Marken geworden, deren Wert sich an Ranglisten ablesen lässt. SportlerInnen erscheinen wie Waren, für deren Verfügbarkeit neunstellige Transfersummen bezahlt werden. Von cleveren Marketingstrategen zu Popidolen aufgebaute Sportstars verdienen heute gigantische Summen. Glaubt man den Medien, verdient David Beckham, 22 Millionen Euro jährlich, 14 Millionen davon an Sponsorengeldern. Zu den bestverdienenden Frauen gehört Tennisstar Serena Williams mit einem geschätzten Jahreseinkommen von 22,5 Millionen Dollar. Mit 50 Millionen Euro wird das Jahreseinkommen samt Werbeeinnahmen des siebenfachen Formel 1-Weltmeisters Michael Schumacher beziffert. Dass sich unter den Sponsoren und Rennveranstaltern auch in die Kritik geratene Tabak- und Erdölfirmen befinden, scheint dabei sekundär. 1,5 Millionen Euro spendete der Unesco-Sonderbotschafter Schumacher 2004 an das Unesco-Hilfsprojekt „Kinder in Not“.
(aus: Begleitdossier zur Plakatserie «Sport – globales Spiel», Cordula Sanwald, AG Hilfswerke Bern/CH 2005)
10-Punkte-Ehrenkodex der FIFA
- Spiele, um zu gewinnen
- Spiele fair
- Halte dich an die Spielregeln
- Respektiere Gegner, Mitspieler, Spielleiter, Offizielle und Zuschauer
- Akzeptiere eine Niederlage mit Würde
- Fördere die Interessen des Fußballs
- Lehne Korruption, Drogen, Rassismus, Gewalt und andere Gefahren für unseren Sport ab
- Hilf anderen, schlechten Einflüssen zu widerstehen
- Prangere jene an, die versuchen, unserem Sport zu schaden
- Ehre jene, die die Interessen des Fußballs verteidigen
(aus: Journal des Deutschen Fußballbundes DFB, Heft 1/1997)
Zum Einsatz des Films
„Sold out“ eignet sich ab dem 8. Schuljahr und ermöglicht, folgende Ziele zu verfolgen:
- Sich anhand von Porträts junger Fußball-Talente in Afrika ein Bild von deren Lebensumständen und Perspektiven machen.
- Etwas über die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Hintergründe von Fußballkarrieren in Afrika und Europa erfahren.
- Einblick in das internationale Geschäft mit Fußballspielern erhalten.
Didaktische Impulse
Didaktischer Impuls 1 - Porträts von afrikanischen Nachwuchstalenten
- Die Filmausschnitte zu den Porträts von Farid (12), Farouk (15), Monday (17)nochmals anschauen.
- Ein Porträt auswählen und sich möglichst genaue Notizen dazu machen (Person, Familie, Wohnort, Trainer und Klub, Karriere, Wünsche, Perspektiven …).
- In die Rolle der ausgewählten Person schlüpfen und sich der Gruppe oder Klasse ohne den Namen zu nennen vorstellen (wie lebe ich, was möchte ich, wovon träume ich …). Die Zuhörenden versuchen herauszufinden, um welches Porträt es sich handelt.
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den drei Porträts diskutieren.
- Austauschen, was die Familien der Porträtierten, die Trainer, Funktionäre und schließlich die ZuschauerInnen von einem Fußballprofi erwarten und wie junge Spieler damit umgehen.
- Die Rolle der Väter und Mütter genauer betrachten; weshalb motivieren sie ihre Söhne, eine Fußballerkarriere zu ergreifen? Wie sieht das soziale und wirtschaftliche Umfeld der Spieler aus?
- Die Rolle der Talentsucher und Fußballberater (wie zum Beispiel Bart de Bryne) untersuchen. Welchen Einfluss haben sie auf Jugendliche wie Monday? Was sagen die Jugendlichen selber dazu?
- Zusammentragen, was die jungen Talente in Europa erwartet. Auf der einen Seite auflisten, welches ihre Hoffnungen sind, auf der andern Seite, wie die Realität aussieht. Überlegen, weshalb sie vor allem die positiven Seiten sehen wollen?
- Dem ausgewählten Nachwuchs-Fußballer einen Brief schreiben. (Was möchte ich ihm mitteilen? Welche Fragen habe ich an ihn? Was würde ich ihm für seine Zukunft raten?)
Impuls 2 - Fußball-Nachwuchs zwischen Karriere und Ausbeutung
- Die Geschichte von Kweku Gyesi, ehemaliger Fußballprofi in Belgien, nochmals im Film anschauen.
- Die Stationen seiner Karriere nachzeichnen (Entdeckung als Talent, Auswanderung nach Belgien, Einsatz als Profispieler, Handlanger im Nebenerwerb, Studium der Ökonomie …).
- Der Frage nachgehen, weshalb Kweku nicht die ganz große Karriere als Fußballer gemacht hat.
- Fußballlegenden aufzählen und schriftlich festhalten; anschließend die geografische Verteilung untersuchen (woher stammen Namen wie Pele, Bobby Charlton, Socrates, Maradona, Roger Milla, Ronaldo, Zidane, …). (Siehe auch unter http://fifaworldcup.yahoo.com/06/de/p/cp/)
- Begründen, weshalb viele dieser Fußballlegenden aus Ländern des Südens stammen.
- Die Voraussetzungen für eine große Fußballerkarriere zusammentragen.
- Die jeweilige persönliche Lieblingsmannschaft im eigenen Land wählen und deren Spieler beschreiben.
- Kontakte zu einem lokalen, regionalen oder nationalen Fußballstar knüpfen; diesen zu einem Gespräch mit anschließendem kleinen Training einladen
Impuls 3 Fußball – ein internationales Geschäft
- Den Ausschnitt über die aktuelle Situation illegaler ausländischer Spieler in Europa und die Haltung der FIFA nochmals anschauen (siehe auch Hintergrund).
- „2500 illegale afrikanische Spieler in Italien, 500 in Belgien, 200–300 in der Türkei, eine unbekannte Anzahl in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Polen.“ Diese erschreckenden Zahlen kommentieren.
- Die Aussagen von Fußballlegende Abedi Pele, FIFA-Präsident Sepp Blatter und des ehemaligen Stars Franz Beckenbauer einander gegenüberstellen. Welchen Aussagen vertrauen wir, wo haben wir Fragezeichen und weshalb?
- Im Hintergrund den Ehrenkodex der FIFA und den Artikel „Hauptsache raus aus Afrika“ lesen und gegenüberstellen. Weshalb ist es so schwierig, den Ehrenkodex umzusetzen? Welches sind die größten Hindernisse?
- Transfersummen im internationalen Fußballgeschäft unter die Lupe nehmen. Überlegen, ob Millionensummen für Fußballstars gerechtfertigt sind? Wohin fließen diese riesigen Summen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Transfersummern und bankrotten Fußballklubs in Europa?
- Der Frage nachgehen, weshalb Fußball und seine Akteure so populär sind?
- Überlegen, welchen Stellenwert der Fußball in Afrika und bei uns hat.
Weitere Anregungen
Zur Situation in afrikanischen Ländern
- Eine kleine Internetrecherche zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation in Ghana und Nigeria, der Heimat der Nachwuchstalente, im Film anstellen.
- Die hauptsächlichen Probleme dieser Länder auflisten.
Fußball und Migration
- Eine Liste von Deutschen Fußballern zusammenstellen, die im Ausland unter Vertrag stehen.
- Einen Vergleich zwischen illegal in Europa spielenden ausländischen Fußballern und den AusländerInnen ohne offizielle Aufenthaltsgenehmigung und Papiere in Deutschland anstellen.
Zitate
- Den Satz von Nelson Mandela, „Fußball ist eine der wichtigsten Aktivitäten, die Menschen zusammenbringt“ kommentieren.
- Den Spruch aus Ghana „Wenn du mit 20 nicht schön, mit 30 nicht stark, mit 40 nicht klug und mit 50 nicht reich bist, dann bist du erledigt; so ist das Leben“ diskutieren.
Fußball und Finanzen
- Die finanzielle Situation der Fußballklubs des eigenen Landes in den oberen Ligen unter die Lupe nehmen.
- An einem konkreten Beispiel nach den Ursachen für die finanziellen Schwierigkeiten beschreiben.
Fußball – heute und morgen
- Die aktuelle Situation im Fußball weltweit umreißen.
- Eine mögliche Neuorientierung im Fußball skizzieren.
Weiterführende Materialien
- Fußball – Zur Geschichte eines globalen Sports, Dietrich Schulze-Marmeling, Verlag die Werkstatt, Göttingen 2000
- Zum Beispiel Fußball, Uli Jäger, Süd-Nord Lamuv Taschenbuch 241, Göttingen/D 1998
- Der Ball ist rund, Eduardo Galeano, Unionsverlag Zürich 2000 (Geschichten rund um den Fußball in Lateinamerika, geeignet als Lektüre)
- Bola Fura-Redes und der Torhüter, Jorge Amado, Essay mit farbigen Bildern über einen Fußball, Lamuv-Verlag, Göttingen 1991
- Sport und Spiele, Lateinamerika. Analysen und Berichte Band 19, Horlemann Verlag Bad Honnef 1995
Autor: Peter Meier-Apolloni
August 2005