Teaser
Touki Bouki

Touki Bouki – Die Reise der Hyäne

Spielfilm von Djibril Diop Mambéty
Senegal 1973, 86 Minuten, Originalfassung Wolof, UT: dt., frz., engl., ital.

Inhalt

Ein Junge von vielleicht zehn Jahren führt eine Rinderherde durch einen Palmenhain; er sitzt einem Rind auf und leitet die Tiere an; die Hitze flirrt. Die Herde endet im Schlachthof. Die Zebus werden in einen vom Blut ganz verschmierten und rutschigen Raum geführt. Die Tiere wehren sich mit aller Kraft dagegen, zu Boden gerissen zu werden; sie werden geschächtet, man schneidet ihnen die Halsschlagader auf und sie verbluten. Ein junger Mann, Mory, hebt einen Kuhschädel mit gigantischen Hörnern auf, den er an den Lenker seines Motorrads festmacht. Mit seiner ‚Motorkuh’, die er mit allerlei Zierrat geschmückt hat, braust er in die Stadt, Dakar. Diesen beiden ersten Filmszenen ist ein einfaches Flötenmotiv unterlegt.

Eine junge Frau, Anta, sitzt und liest unter freiem Himmel in einem Gehöft; sie trinkt Wasser aus einer Plastikflasche, ein landendes Flugzeug tost laut über sie hinweg. Dann macht sie sich auf den Weg. Ihre Mutter verkauft am Straßenrand Gemüse. Eine Nachbarin möchte anschreiben lassen. Anta legt das Gemüse wieder auf die Auslage zurück mit der Begründung, nur gegen Bares würde sie etwas bekommen, schließlich wollten sie auch einen Fernseher, dann geht sie. Die beiden Frauen schicken ihr allerlei Beschimpfungen hinterher, sie sei frech und undankbar.

Mory ist in der Stadt. Er fährt mit seinem Motorrad herum, vor der Universität trifft er auf eine Gruppe Studenten, die ihn mit seinem Lasso fangen; die Studenten verhöhnen ihn auf poliertem Französisch, er habe wohl nichts anderes im Kopf, als mit seiner Freundin, der Studentin Anta, ins Bett zu gehen und sie so von den Versammlungen abzuhalten. Mory antwortet auf Wolof. Sie fesseln ihn am Gestänge ihres offenen roten Jeeps und fahren ihn durch die Stadt. Die Szene erinnert an Western, wenn Halunken geteert und gefedert durch die Straßen geführt werden; in der Weise wie Mory an das Gestänge gebunden ist, erinnert sie auch an den Kreuzgang der Passionsgeschichte.

Anta geht ans Meer. Auf dem Weg begegnet sie Morys Tante Oumy, die eine Garküche betreibt und gerade dabei ist, eine Ziege zu schlachten; Anta will wissen, wo Mory steckt und erntet eine Salve von Verunglimpfungen, was sie sich mit einem solchen Strolch einlasse. Sie springt den steinigen Weg zum Meer hinunter; die Sequenz mit Anta und der Ziege, die geschächtet wird, ist parallel montiert, kurze Ausschnitte dieser Szene werden wiederholt. Anta, die später wieder oben an der Straße steht, beugt sich hinunter, entkleidet sich langsam. Man sieht ihre muskulösen Schultern und ihre Brüste. Man hört sie stöhnen. Das Meer wirft mit Wucht Wellen über einen Felsvorsprung. Nur Antas Hand ist sichtbar, die sich an Morys verzierter Motorradlehne festhält und sich dann entspannt. Erst später sind Anta und Mory gemeinsam hoch auf einer Aussichtsplattform zum Meer, an der Corniche genannten Straße zu sehen, wie sie neben dem Motorrad liegen.

Beide schauen aufs Meer und überlegen – ihre Stimmen sprechen aus dem Off -, ob sie nicht als blinde Passagiere die Fähre nehmen und die Kellner an Deck bestechen sollten. Sie überlegen, ob sie nicht das rostige Schiffswrack, das vor ihnen in der Bucht liegt, flott machen sollten, um wegzukommen. Sie tasten sich vor in die Möglichkeit „Monsieur Mory“ genannt zu werden, und wie es sein würde, Mitglied beim Roten Kreuz zu sein. Jetzt singt Josephine Baker „Paris, Paris, Paris, c’est sur la terre un coin du paradis ...“ (= Paris, das ist auf Erden ein Stückchen Paradies) während die beiden durch einen Baobab-Hain fahren; anschließend brausen sie wieder durch die Stadt, währenddessen lassen sich Mory und Anta im Off die „Champs Elysées, Montmartre, der Eiffel-Turm, Charles de Gaulle ...“ auf der Zunge zergehen, sie sprechen diese Namen wie Beschwörungsformeln.

Wenn man weg will, braucht man Geld. Sie tricksen einen Hütchenspieler aus, rauben bei Ringerwetten eine große Holzkiste, die Anta mit dem Taxi zu ihrer „maison de campagne“ (= Landsitz), einem verlassenen Bunker an der Küste, bringen lässt, in der sich aber statt der Wetteinsätze in bar, rote Kostüme und ein Schädel befinden – ein memento mori, das Mahnzeichen der Vergänglichkeit des Menschen. Der Taxifahrer, der in die Kiste geschaut hatte, flieht als habe er den Teufel gesehen. Schließlich bringen sie den schwulen Freund Charlie, der Mory gegenüber Avancen macht, um seine extravagante Garderobe und einen seiner Freunde um den Inhalt seines Portemonnaies, während die übrigen Gäste am Pool liegen und dem gelangweilten Nichtstun fröhnen. Der Diebstahl wird entdeckt, und die beiden fliehen mit Charlies Cabrio-Oldtimer mitsamt Chauffeur. In Charlies Szenen wird immer wieder ein Opernarienthema angespielt.

Die Fahrt führt sie erneut durch den Baobab-Hain; an der Böschung zur Lagune entdeckt Mory in rotes Tuch gewickelte Gaben, Essen und ein Amulett, das Mory an sich nimmt. Anta, die dann das Motorrad fährt, erschrickt, als sie einen in Fell bekleideten Mann im Baum sieht, fällt vom Motorrad und flieht zu Fuß. Mory zieht sich aus und steht mit seinen alten Kleidern wedelnd nackt im Auto, das unvermittelt durch verschiedene aneinander montierte Kulissen, Brachland, eine unfertige Neubausiedlung fährt. In der folgenden Szene setzt sich diese Mischung aus Tagtraum, innerer Verfassung und äußerer Wirklichkeit fort und kulminiert in der Paradeszene. Jetzt werden Bilder eines Staatsakts mit Militärparade mit denen von Antas und Morys Autofahrt als extravagantem Paar miteinander verschränkt; beide schauen aus dem Dach eines Autos heraus und grüßen die Menge mit staatsmännischer Geste. Statt zum Hof der Residenz einzubiegen, wohin der Paradenzug führt, geht ihre Fahrt mit dem Oldtimer auf einer staubigen Piste weiter, wo sie von einer Gruppe Frauen und Musikern wie lang ersehnte Rückkehrer feierlich begrüßt, besungen und betanzt werden, auch von Tante Oumy. Mory, der Zigarre raucht, zieht einen Haufen großformatiger CFA-Banknoten aus der Tasche und gibt sich großzügig.

In ihren neuen Kleidern, Anta trägt einen fliederfarbenen Anzug, T-Shirt und einen rotweißen Hut, Mory ein Jackett mit breitem Revers, dunkle Schlaghosen, Hemd und Strohhut, geht das Paar in ein Reisebüro, ersteht Karten für die Schiffsüberfahrt und begibt sich zum Hafen. Sie besteigen die Fähre. Mory macht auf halber Treppe kehrt, während Anta an Deck geht, wo französische Reisende mit ihren Investitionen in den afrikanischen Kontinent prahlen und über die Afrikaner, diese kindlichen Gemüter, herziehen. Mory rennt den ganzen Weg zurück in die Stadt, während Anta mit ihrem Koffer auf Deck herumsteht. Morys Motorrad liegt auf der Straße, der Mann aus dem Baum liegt verletzt am Boden; er erkennt Mory und fragt ihn, ob er das Tier gekannt habe, es wäre sicherlich ein schönes Tier gewesen, und wird von einer Ambulanz weggebracht. Mory hebt die gebrochenen Hörner auf und setzt sich auf die breite Freitreppe mit den Hörnern auf dem Schoß, während Anta alleine an Deck bleibt und wegfährt. Der Postbote geht an Mory vorbei, während ein getragen swingender Beat mit Gitarre und Bläsersatz die Szene untermalt. Das Schiff fährt ab. Kleine Fischerboote fahren auf bildfüllender Wasserfläche. Rückblenden schließen den Film, Anta und Mory nackt an der Corniche, die Herde Rinder mit dem Jungen. Freeze.

Kritische Einschätzung des Films

Touki Bouki, über 30 Jahre alt, ist seinem Temperament nach erstaunlich jung und aktuell geblieben. 1973, gerade 13 Jahre nach der Unabhängigkeit seines Landes, macht ein senegalischer Regisseur einen Film, der formal und erzählerisch zu den großartigsten Werken des afrikanischen Kinos zählt.

TOUKI BOUKI geht es um die Frage, wo die Träume bleiben, wenn man erwachsen wird; woher man sich das Recht herausnehmen sollte, Dinge anders zu machen als bisher; wo die Freiheit der Gefühle und des Denkens ansetzt, wie man ein Stück dieser Freiheit in die Wirklichkeit umsetzt, und sei es, sich dazu zu entschließen, weg zu gehen. Vielleicht kann erst heute in vollem Umfang das Thema des Films erfasst und gesehen werden, nämlich der Impuls zur Abreise, zur Emigration. Der Filmemacher Djibril Diop Mambéty hat dabei ein junges Paar vor Augen, das sich kompromisslos unkonform denkt und verhält, und damit die Grenzen der eigenen Freiheit der Zuschauer sichtbar macht.

Diop Mambéty sieht im gleichen Zug das Land, die junge unabhängige Nation Senegal, ihre noch junge Erfahrung mit der Unabhängigkeit, die Unzufriedenheit mit dem politischen Geschehen: 1968 fanden in Dakar Studentenproteste statt, die den französischen vorangingen, die auf die Demokratisierungsbestrebungen vieler afrikanischer Nachbarländer ausstrahlten; die Studentenunruhen von 1973 wandten sich gegen die Machtfülle der Einparteienregierung des Präsidenten Senghors. Diop Mambéty spielt auf diese Unruhen an, lässt indes die Studenten unnahbar und arrogant erscheinen; sie treiben mit der Landbevölkerung, für die Mory mit seinen Vieh- und Western-Attributen steht, gemeine Späße. Er wählt seine Protagonisten im Lager derjenigen, die ihre Träume umzusetzen versuchen und nicht nur darüber Versammlungen abhalten, die in Rage geraten und Grenzen überschreiten und nicht wie die junge Elite am Pool dösen. In dieser Doppelung individueller und gesellschaftlicher, konkreter und metaphorischer Motive muss man sich die Reichweite des Films vorstellen.

Anta und Mory sind ein unglaubliches Paar; sie ähneln sich sogar in ihrem Aussehen, beide sind schlank, fast schlaksig athletisch, beide tragen ihre Haare kurz. Wenn man aber krauses Haar nicht pflegt, sieht es schnell aus wie ein alter Flocati. Wie man im Film sieht, kann man daraus einen neuen Stil machen, der mit Assoziationen des Ungepflegten, unkonventionell Struppigen spielt oder an Treadlock-Anfänge erinnert. Anta und Mory benehmen sich im Verhältnis zur Art, wie wir uns afrikanische Umgangsweisen und Regelwerke vorstellen, was Begrüßungen, Respekt vor dem Alter, vor der Mutter, den Vertretern von Recht und Ordnung etc. betrifft, schlecht, ungewöhnlich aufmüpfig und frech. Sie kleben auch nicht aneinander, wie man sich vielleicht ein Liebespaar vorstellt; zwischen ihnen besteht eine innere Beziehung, so, als empfänden sie, was der andere empfindet, als dächten sie, was der andere denkt, ohne dass es ausgesprochen und diskutiert werden müsste. Anta ist so wenig berechenbar wie Mory, sie ist streitsüchtig, verwegen und mehr noch als er über alle männlichen und weiblichen Rollenmuster erhaben. Sie trägt Hosen und kommt doch ohne feministische Slogans aus. Diop Mambétys alter ego „Badou Boy“ (= bad boy) ist die Vorlage zu Mory, der an Ecken lungert und das leichte Geld sucht, eine Figur, die er in einem vorherigen Film BADOU BOY (1970) entwickelte.

Der Traum vom Weggehen, den Anta und Mory träumen, zielt ausgerechnet auf Frankreich, von dem man sich mit der Unabhängigkeit befreit zu haben glaubte. Der Film setzt sich nicht damit auseinander, ob und wie die kolonialen, seit Jahrhunderten bestehenden französischen Einflüsse auf Gesellschaft, Politik, Kultur und Alltag überwunden werden können; er zielt auf deren Wirkung auf das Imaginäre; dabei geht es ihm um das Spannungsverhältnis zwischen der Idee einer nachkolonialen Wirklichkeit und dem Wunsch nach Freiheit und Emanzipation. Paris ist zuerst synonym für den französischen Zentralismus zu verstehen, doch auch der Kulminationspunkt der Ausbruchsfantasien und der Inbegriff des verbotenen Luxus, all dessen nämlich, was man sich als nachkoloniales Land der Sahelzone nicht zu wünschen getraut, ja was verboten ist überhaupt haben zu wollen, wenn man „unabhängig“ sein will.

Was wollen Anta und Mory? Sie wollen sich frei bewegen, reisen, sie wollen zusammen sein, ohne sich aneinander zu binden, sie wollen haben, ohne dafür hart zu arbeiten oder Entbehrungen hinzunehmen. Sie wollen nach gusto in die Ferne, so wie Europäer überall hinreisen, sich in der Welt umschauen. Ihre Streiche zielen auf das Recht auf ein Leben, dass nicht in Demut und Armut zugebracht wird, sondern als freie Weltbürger.

Wenn weltweit mehr Waren in Umlauf sind - ein Umstand, den der Kolonialismus als Wirtschaftsform extensiv vorantrieb - und vermehrt Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen, liegt es nahe, dass all die Vorzüge des Warentauschs, der Mobilität und der Technik auch denjenigen zur Verfügung stehen – so die Perspektive des Films -, die bislang Zaungäste der Weltgeschicke sein sollten. Es stehen für diese Dinge und Zusammenhänge die Begriffe Globalisierung, Migration und Emanzipation zur Verfügung. Sie beschreiben die durch den technischen Fortschritt erreichte weltweite Verflechtung und Kommunikation, die allerorts die Lebensbedingungen und -entwürfe von Individuen und ganzen Gesellschaften mitbedingen; durch Touki Bouki können wir konkrete Einblicke in die sonst allgemeinen Begriffe erhalten; auch der Wohnortswechsel nach Europa und das Recht auf Gleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen, verlieren in TOUKI BOUKI ihren abstrakten Charakter. Globalisierung, Migration und Emanzipation fordern von denjenigen, die aktiv ihr Leben bestimmen wollen, ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Unbedingtheit, aber auch Einsamkeit in Kauf zu nehmen. Der Film macht deutlich, man kann nicht ein bisschen weggehen, nur ein bisschen an den internationalen Tauschgeschäften teilnehmen oder sich nur ein bisschen emanzipieren. Das besondere an Touki Bouki ist außerdem, dass seine Erzählweise nicht auf diese nur angedeutet umrissenen sozialen Phänomene und Muster abhebt, sondern etwas von den mit ihnen verbundenen Empfindungen mitteilt. Hier geht es um die Lust, die Furcht und Begierde, die Widersprüche, den unbedingten Willen, die ironische Distanz, dem der Film Töne und Bilder gibt.

Paris zum Traumziel zu machen, geht mit der Abkehr von alternativen Zielen und Idealen einher, vom Bild des ländlichen und ursprünglichen Afrikas einerseits, von seinen neuen modernen Eliten andererseits. Letztere repräsentieren die Studenten mit ihrem hochgestochenen französischen Akzent, und die dekadenten Neureichen; diese Eliten wirken wie das Spiegelbild der im Senegal lebenden Franzosen – in einer kurzen übertrieben wirkenden Szene an Deck der Fähre angespielt –, die mit ihrer Überheblichkeit und Geschäftemacherei den ungebrochenen wirtschaftlichen Einfluss des Westens in Afrika nach dem offiziellen Ende des Kolonialismus anzeigen. Das ländliche Afrika-Bild wiederum bildet mit der Rinderherde am Anfang und Schluss eine lose Klammer um die Geschichte von Anta und Mory; andere Szenen geben den Anschein einer authentisch afrikanischen Folie, auf die sich eine zweite, moderne und stilistisch z.B. an den Western anlehnende Erzählebene schiebt: Szenen mit Antas Mutter und mit Aminata Fall als Tante Oumy, Fahrten durch den Baobab-Hain zu einer lagunenartigen Landschaft, wo Mory ein Amulett stiehlt, und die Szenen mit dem Mann im Baum sind in diesem Kontext relevant. Diese Szenen zeugen von der Existenz einer vom europäischen Einfluss unberührten senegalesischen Art zu leben und zu denken, die im modernen afrikanischen Erscheinungsbild fortbesteht. Insofern bilden Tradition und Moderne keine Gegensätze sondern koexistierende Haltungen und Lebensweisen. Der Mann im Baum ist hier, wie Paris die Kristallisationsfigur. Der Schauspieler trägt eine gigantische Lockenperücke und ein an Fred Feuersteins Kostüm erinnerndes Fell, Sinnbild der Urmenschen und gleichzeitig Umkehrbild desselben, denn nicht ein Afrikaner tritt als Ursprungs-Figur in Erscheinung, sondern ein Europide. Der Mann im Baum spielt seiner Hellhäutigkeit wegen womöglich auch an die in senegalesischen Mythen in Erscheinung tretenden Pangools genannten und in Bäumen oder flachen Gewässern lebenden Geisterwesen an; weiß getüncht erscheinen sie zum Schrecken der Menschen – ihre Aufgabe besteht freilich darin, sie an die Erhaltung des kosmologischen Weltgefüges zu erinnern. Es gehört zu den komischen Späßen des Films, diesen Geist bzw. dieses Ursprungswesen der Menschheit ein Motorrad fahren und auf einer Verkehrsinsel sich ausruhen zu lassen und in Unkenntnis der Gefahren sich lebensbedrohlich zu verletzen.

Nicht nur Touki Boukis Figuren kämpfen um Eigenständigkeit, der Film als solcher ist von besonderem Reiz, weil er den üblichen filmischen Konventionen nicht gehorcht.

Die brüchige, assoziative und mit narrativen Sprüngen arbeitende Erzählweise, die Diop Mambéty hier perfektioniert, ist als Aufforderung an sein Publikum zu verstehen, an der Filmerzählung mitzuarbeiten, also Auslassungen zu füllen, Wiederholungen zu deuten etc. Vor allem will Diop Mambéty damit seine Zuschauer an ihre Eigenständigkeit erinnern. Er versteht sein Handwerk nicht als Bestätigung der Kenntnisse, die wir ohnehin haben; er will uns dort hin begleiten, wohin wir vergessen haben hinzuschauen, nämlich auf unmögliche Verbindungen, schamlose Bilder und verworrene Ängste.

Das auffälligste Stilmittel ist die verschachtelte Montage zu einer dichten Folge von Szenen. Anta und Mory werden parallel zueinander eingeführt, wir beziehen sie aufeinander und denken sie deshalb als Paar. Andere Montagekomplexe wie [Schlachthof/Herde/Motorrad], [Anta/Ziege] oder [Mory rennt in die Stadt/Anta an Deck/Unfall] bleiben unlösbar mehrdeutig assoziativ, und im Sinne einer monokausalen Logik nicht vollkommen entschlüsselbar. Auch das geschieht bewusst und will dem assoziativen Denken und den Empfindungen, die sich dazu einstellen, Raum geben. Die Sequenzen können in verschiedener Weise zu Erzählungen zusammengedacht werden. Selbst Anfang und Ende einer Sequenz sind uneindeutig, je nachdem, ob man die sich an der Bildebene oder den Ton zum bindenden Element erklärt. Beispielsweise ist die erste Szenenfolge [Herde/Schlachthof/Motorrad /Fahrt in die Stadt] musikalisch mit dem Flötenmotiv verklammert; so dass man sie als narrationsweisenden Prolog zum Film fassen könnte; hier wäre die Entwicklung Morys vom Hirten zum Heranwachsenden angelegt und darin impliziert die Entwicklung vom ländlichen, mit der Natur und den Tieren verbundenen zum urbanen, modernen Senegal. Die visuelle Folge der Szenen indes stellt die Eindeutigkeit dieses narrativen Verlaufs wieder in Frage.

Die Montage fungiert dabei also nicht als Herstellung eindeutiger Symbole oder Bedeutungen, der Art etwa, die Stadt sei ein Schlachthof oder Anta ein Opfer wie die soeben geschächtete Ziege. Ebenso ist eine solche Lesart nicht vollkommen abwegig; in jedem Fall macht es Sinn, in TOUKI BOUKIs Montage eine Art des In-Beziehung-Setzens der inneren zur äußeren Wirklichkeit zu erkennen; diese entwickelt bisweilen unberechenbaren Witz oder spitzt sich dramatisch zu. Das In-Beziehung-Setzen der inneren mit der äußeren Wirklichkeit kulminiert in der Paradeszene; Diop Mambéty montiert hier Spielfilmszenen des Paares mit Dokumentarfootage; er macht aus Aufnahmen einer realen Situation das Material seines Films, als wäre diese Parade für ihn ausgerichtet worden. Die Missachtung autoritärer Muster, die Diop Mambéty hier formal filmisch vorexerziert, strahlt auf die Wahrnehmung der fiktionalen und dokumentarischen Elemente aus und bedeutet die Haltung des ganzen Films. Sie besagt, „Nimm Dir Alles, was du brauchst, alles Vorstellbare und alles Vorgefundene, und forme es zu Deiner Wirklichkeit“.

TOUKI BOUKI ist im Schwebezustand. Die Engführung auf Morys oder Antas Entwicklung bietet sich als eine unter vielen Lesarten an. Selbst ihr Schicksal ist uneindeutig. Unklar bleibt, aus welchem Grund und in welcher Absicht, Mory das Schiff verlässt, warum Anta die Reise alleine antritt. Denkbar ist natürlich, dass sie nach Paris kommt, wie es auch denkbar ist, dass sie das Schiff heimlich verlässt und wir es nur nicht sehen. In jedem Fall haben beide damit ihre Eigenständigkeit bewiesen.

Der Filmemacher Djibril Diop Mambéty

Djibril Diop Mambéty war das „enfant terrible“ des afrikanischen Films. Seine Talente werden dann besonders sichtbar, wenn man sich vergegenwärtigt, gegen welche filmästhetischen Konventionen er verstößt. Diop Mambety war bei Kritikern wie beim Publikum insbesondere in Senegal sehr beliebt und geschätzt, weit mehr als ein Filmemacher, ein Mensch mit unbestechlich großherzigem Schalk im Nacken. Sein Denken und seine Arbeitsweise kreisen um die Erfindung, um den Unterschied zum Bestehenden, ums freie Spiel der Vorstellungen, im Film wie im wirklichen Leben.

In einem Interview äußert er:
„Der Filmemacher muss weit übers Beschreiben hinausgehen, er muss das Kino neu erfinden, also eine afrikanischen Sprache finden, die kein Geschwätz ist, sondern sich fürs Bild und für den Ton interessiert. (...) Ich glaube, unsere Aufgabe besteht darin, aggressiv zu sein. Wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir das Publikum angreifen, es nerven, ihm ein schlechtes Gefühl geben, ohne damit gleich brauchbare Ergebnisse zu erzielen.“
(Djibril Diop Mambety in: Guy Hennebelle und Catherine Ruelle: Cinéastes d’Afrique Noire. In: CinémAction Nr. 3 / L’Afrique littéraire et artistique Nr. 49, 1978, S. 44.)

Kino zu machen ist heute  – 1996 – für Sie so wichtig wie vor 20 Jahren?
Vor 20 Jahren wollte ich erobern, ich wollte etwas beweisen. Jetzt will ich krönen, und ich will wieder lernen. Um es ganz deutlich zu sagen: Es ist falsch zu glauben, es sei schwer sich Zugang zum Kino zu verschaffen. Filme macht man in erster Linie, weil man Lust dazu hat. Der Zauber dessen, was sich „die 7. Kunst“ nennt, liegt in den Möglichkeiten zu sehen, dass es keine großen Menschen gibt, dass im Grunde alle Menschen groß sind. Kino ist etwas, dass leicht groß sein kann. Ist man nicht sein Sklave, muss man sein Meister sein. Kino machen bedeutet Wind zu machen. Man muss in die Richtung pusten, in der man weiß, dort wachsen Blumen, die sich bewegen werden, wenn man pustet; natürlich passiert nichts, wenn dort eine Mauer steht. Man muss die Blume beeinflussen, die die Mauer zum Einsturz bringen wird. Man muss sich an die Blume wenden, wenn man will, dass die Mauer bricht. Weil nur die Blume die Kraft besitzt, die Mauer zu brechen, verstehen Sie? Nun, normalerweise sollten Sie verstehen -.

Heute gibt es viele Bilder, viel mehr als früher. Macht es also Sinn, immer noch Filme zu machen?
Filme zu machen, macht heute so viel Sinn wie vor 1000 Jahren. Wir hatten Satelliten vor 1000 Jahren. Und wir hauten auf die Trommel: Das Echo wirft den Schlag bis an die Spitze der Pyramide und gelangt von dort auf der anderen Seite wieder hinunter, also auf die ganze Länge der Ebene. Man hört es dort. Also gab es Satelliten, so wie es das Internet gab. Und dass man von hier unten aus bis zur anderen Seite der Pyramide sehen kann, ohne hinaufzuklettern. All das kennen wir. Und was man das Kino nennt, so ist es nur ein Nebenarm dieser Möglichkeiten, die die Dunkelheit besitzt. Wenn ich Dunkelheit sage, so deshalb, weil alles aus der Nacht erwächst, und Kino bedeutet, sich dem Dunklen zu öffnen. Das ist immer von Nutzen. (...)

Was ist interessanter, Filme zu konzipieren oder sie zu machen?
Sicherlich sie zu machen. Alles muss getan werden, weil wir es Gott schuldig sind zu zeigen, zu welchen großartigen Dingen wir in der Lage sind. Wir müssen es tun, um den Kindern zu zeigen, dass sie wirklich träumen können, weil sie ihre Träume wahr machen können, ohne beweisen zu müssen, dass ihre Träume tatsächlich auf die Wirklichkeit Bezug nehmen. Also Filme aushecken, ja. Sie tatsächlich zu realisieren, ist eine lebenswichtige Aufgabe.
(Aus: L’envol suspendu de Djibril Diop Mambety / The suspended flight of Djibril Diop Mambety. Gespräch mit Michel Amerger. In: Ecrans d’Afrique s, 7.Jg, Heft Nr. 24, 2/4 1998, S. 71 – 73.)

Der Filmemacher Djibril Diop Mambety verstarb am 23. Juli 1997 in Dakar; sein letzter Film LA PETITE VENDEUSE DU SOLEIL (Die kleine Verkäuferin der Sonne) (s.u. Medienhinweise) wurde posthum fertiggestellt und 1999 uraufgeführt.

Diskussionsanregungen

Touki Bouki ist keine einfache Kost; und doch ist er in besonderem Maße geeignet, sich über vielerlei zu verständigen, zum Beispiel über Träume und das Erwachsenwerden, oder warum Menschen, insbesondere aus dem Süden ihr Land verlassen wollen. Dabei steht die Schnittstelle zwischen Kindheit und Erwachsensein im Zentrum, die Pubertät: dieser diffuse Zustand, sich zu etwas anderem fortzuentwickeln, als man dachte zu sein, und noch nicht zu wissen, wohin es einen bringen wird.

Einen vergleichbaren diffusen Zustand kann man sich knapp 10 Jahre nach annähernd 150 Jahren Kolonialzeit in Senegal vorstellen, als käme das seit kurzem erst unabhängige Land in die Pubertät und fühlte dieses Streben nach Unabhängigkeit vom französischen Einfluss auf Politik und Kultur, wo sich aber echte Alternativen zu dieser Vorlage gerade erst herausbilden. Der Zufall will, dass 1973, im Jahr der Produktion des Films abermals Studentenunruhen in Senegal stattfinden, während in Deutschland mehr denn je zuvor Gastarbeiter angeworben werden. Der Film spielt diesen Zustand des Taumels an, die alte Ordnung hinter sich lassen zu wollen, eine neue aber noch nicht ausgemacht zu haben. Die Furcht, aus allen Bezügen herauszufallen, zu versagen, überfordert zu sein oder mit Größenwahn auf diese Situation zu antworten, sind folgerichtige Impulse.

Im Zentrum des Films steht ein junges Paar, Anta und Mory, zwei Heranwachsende. Für diese Altergruppe (13-18 Jahre) ist der Film in besonderer Weise ansprechend; er teilt mit dem Lebensgefühl vieler Jugendlicher den seltsamen Schwebezustand, das Gefühl vor lauter Optionen nicht zu wissen, was man will und dabei den Eindruck zu haben, es gäbe nirgends den richtigen Ort und rechten Platz, während einen der ungeheure Schub packt, zu allem in der Lage zu sein.

Was ist und was heißt überhaupt erwachsen werden? Fühlen wir diese Kraft auch, „die Welt gehört mir!“? Alles ist möglich? Haben wir klare Vorstellungen davon und wie sehen wir uns in 10 oder 20 Jahren? Können wir uns vorstellen, wie Anta und Mory als Erwachsene wären?

Welchen Grund haben Anta und Mory, das Land zu verlassen?

Kennen Sie Leute, die aus- bzw. nach Deutschland eingewandert sind und die der 1., 2. oder 3. Einwanderergeneration angehören; versuchen Sie herauszufinden, was ihr Motiv war, welchen Sehnsüchten oder Bedürfnissen sie nachgegangen sind und erörtern Sie, inwiefern es ihnen plausibel erscheint.

Wenn es nach uns ginge, wohin wollten wir?

Welches Gefühl verbinden wir mit der Vorstellung, Alles hinter uns zu lassen?

Was wäre für uns ein Traumort und was würden wir anstellen, um dorthin zu gelangen? Wohin würden wir auswandern? Warum? Was sagt das über den Ort aus, an dem wir uns jetzt befinden?

Würden wir eine Kreuzfahrt unternehmen oder mit dem Rucksack losmarschieren?

Welche Rolle spielen hierbei Arbeit und Geld?

Anta und Mory sind aufmüpfig, unberechenbar und frech. Sie setzen sich über Regeln hinweg, seien es solche aus ihrem Lebenskontext und auch solche unserer Wertvorstellung.

Was stellen sie an und welche Reaktionen ernten sie? Was bezwecken sie damit?

Welche Position nimmt der Film ihnen gegenüber ein?

Macht der Film Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen und wie schätzen Sie die Freiräume als Junge oder Mädchen in Senegal bzw. in Deutschland aufzuwachsen ein.

Wenn wir einmal aus der Reihe tanzen wollen und etwas Verrücktes machen, was würden wir tun wollen? Erörtern Sie den ethischen Kontext ihres Tuns und welche Vorbildrolle der Film in diesem Kontext spielt.

Anta und Mory sind mit bestimmten Attributen und Requisiten ausgestattet, also mit Gegenständen, Kleidungsstücken etc. Geläufig sind heute in Filmen mit jugendlichem Milieu z.B. Baseball-Kappen, Turnschuhe, Walkman oder iPod, Sonnenbrillen, Stirnbänder und ähnliche Requisiten, Mountain-Bike, BMX zu sehen; welche Requisiten und Attribute entdecken Sie an Anta und Mory. Finden Sie auch Requisiten, die ans Western-Genre erinnern? Überlegen Sie, was es mit diesen Anleihen auf sich hat.

TOUKI BOUKI zeigt, dass zur Freiheit auch die sexuelle Freiheit gehört; nie zuvor gab es in einem afrikanischen Film Bilder, die die Sexualität aus der weiblichen Warte in dieser Offensichtlichkeit thematisierten; bemerkenswert ist hier, mit welcher Diskretion der Film das Thema artikuliert; heute sind uns Bilder weitaus geläufiger, die die innere Verfassung während des Liebesakts zeigen: was in TOUKI BOUKI Bilder der Meeresbrandung machen, ist in Filmen das Standard-Feuerwerk. Beschreiben Sie die Szene und versuchen sie zu unterscheiden, was wirklich gesehen und gehört werden kann und was man sich vorstellt, was offensichtlich ist und was der Mantel der Diskretion verhüllt.

Am Ende des Films rennt Mory in die Stadt zurück, während Anta an Deck bleibt. Versuchen Sie sich vorzustellen, was ihn zurücktreibt und was sie antreibt. Was hat es mit seinem Motorrad auf sich? Was wird aus Anta? Spinnen Sie die Biografien beider Figuren fort und überlegen Sie, ob sie sich wiedersehen werden.

Der „Mann im Baum“ gehört zu den tragikomischen Figuren des Films; als Geist, der das zeitgenössische moderne und traditionelle Afrika verbindet, nimmt er kein gutes Ende. Beschreiben Sie, was es mit dieser Figur auf sich hat, in welchen Kontexten sie zu sehen ist, für was sie steht und was über sie vermittelt wird.

Die Stadt Dakar spielt in TOUKI BOUKI eine wesentliche Rolle. Sie bildet nicht nur den Hintergrund und Kontext der Handlung. Ihre Architektur, die Gegensätze, aus der sie sich bildet, sind erzählerisch relevant; sie spiegeln die Rolle der Stadt im französischen Kolonialreich und das Leben mit dieser Vergangenheit seit der Unabhängigkeit Senegals 1960. Die Stadt erzählt mit all ihren Oberflächen, Straßenzügen, Vierteln, Verkehrsinseln davon. Geografisch gesehen ist Dakar der westlichste Zipfel des Kontinents, keine 4 Flugstunden von Paris entfernt. Was ist von Dakar zu sehen, mit welchen Verkehrsmitteln sind wir im Film unterwegs? Beschreiben Sie außerdem den Verlauf der Parade und versuchen sie herauszufinden, welche Takes dokumentarischer Natur sind, also ein reales Ereignis wiedergeben, und welche von Diop Mambéty inszeniert wurden, also als fiktionale Bilder in die Parade eingefügt sind. Wie geht Diop Mambéty im Film mit der Realität um und was bezweckt er mit dieser Verschränkung von Dokumentarischem und Fiktivem?

Das narrative Material des Films besteht nicht nur aus der Erzählung im herkömmlichen Sinne und hängt auch nicht ausschließlich an den Figuren. Auch Kleidungsstoffe und -stile, Frisuren, Bemalungen, Geräte, Bauweisen, Muster, Farben, religiöse Symbole und Aussprüche, Töne, Geräusche, kommen vor. Mambétys Film geht ungewöhnlich mit diesen Bild- und Tonstoffen um. Er nimmt das Material mit seiner spezifischen Ausdrucksweise in den Film auf. Bestimmte Geräusche werden auf der Tonspur regelrecht ausgestellt, wie z.B. das Flugzeuggeräusch zu Beginn. Auch Sprachen und Akzente, das französische Französisch, das senegalesische Französisch, Wolof und entsprechende Kommentare auf die Sprache gehören zu den selbstreflexiven Momenten des Films. Versuchen Sie Geräusche, Sprachen und Akzente herauszuhören und zu beschreiben.

Das von der Schwarzamerikanerin Josephine Baker gesungene Chanson „Paris, Paris, Paris, c’est sur la terre un coin de paradis“ ist eine weitere dieser Hervorhebungen; das Stück macht akustisch auf einen wichtigen Kontext aufmerksam, die Rolle und den Einsatz der Musik im Film. Es handelt sich hierbei um Bedeutungen, die über eine atmosphärische oder stimmungstragende Unterlage zu den Szenenbildern hinaus in den Film hineingetragen werden. Die 1906 in St. Louis (USA) geborene Baker war mit der „Revue Nègre“ in Europa in den späten 1920ern ungeheuer erfolgreich; sie war ein Hot Jazz-Star. Indes wurde sie immer wieder an die rassistischen Schranken in den USA erinnert; sie wanderte aus diesem Grund in den 1950er Jahren endgültig nach Frankreich aus. Antas und Morys Traum hat in der Baker-Biografie und in ihrem Lied einen Vorläufer und Komplizen. Aminata Fall, ihrerseits in sämtlichen Filmen Diop Mambétys als Schauspielerin zu sehen, ist in Dakar eine berühmte englisch, wolof, arabisch und französisch singende Jazz-Sängerin, gewissermaßen eine geistige Schwester Josephine Bakers. Zusammen bilden sie das musikalische Dreieck Europa/USA/Afrika, das „black atlantic“ (Paul Gilroy), dessen Schenkel die Sklaven- und Warenrouten zwischen der alten und neuen Welt über Afrika bilden. Dakar und seine Musikszene bildet den exponiertesten Zipfel Afrikas in dieser Konstellation.

Versuchen Sie z.B. Musik bzw. Musikfragmente und Geräusche zu identifizieren und zu beschreiben, ob sie Personen oder Situationen zugeordnet sind und welche Bedeutung sie in den Film hineintragen.

Zeittafel

  • um 500: Wolof und Serer ziehen in das Gebiet des heutigen Senegal
  • 9. Jh.: Tukulor siedeln im Flusstal des Senegal
  • 11. – 14. Jh.: Das mächtige Tukulor-Reich Tekrur beherrscht den östlichen Teil des Senegal
  • ab 1444: die Portugiesen errichten die ersten Handelsstützpunkte an der Mündung des Senegal.
  • ab dem 17. Jh.: Franzosen siedeln sich im Gebiet von Senegambien an. Rivalitäten mit Großbritannien
  • 1677: Niederländische Siedler werden von den Franzosen vertrieben. Die Küste ist nun unter französischer Kontrolle.
  • 1758–1779, 1809–1816: Großbritannien besetzt den Senegal
  • 1840–1865: Frankreich erobert das gesamte heutige Senegal
  • 1883: Die Bewohner der vier Küstenstädte erhalten französische Bürgerrechte
  • 1895: Frankreich erklärt den heutigen Senegal zu seiner Kolonie; Dakar wird die Hauptstadt von "Französisch-Westafrika"
  • 1914: Die ersten afrikanischen Abgeordneten werden in französische Nationalversammlung entsandt
  • 1946: Alle Bürger erhalten das Wahlrecht
  • 25. November 1958: Frankreich gewährt fast vollständige Autonomie
  • Juni 1960: Unabhängige Republik
  • August 1960: Léopold Sédar Senghor wird zum ersten Präsident gewählt
  • 1968, 1973: Große Studentenproteste gegen die Machtfülle des Präsidenten
  • 1976: Verfassungsänderung: Einführung des Mehrparteiensystems
  • 1980: Rücktritt des 1963, 1968, 1973 und 1978 wiedergewählten Präsidenten Senghor aus Altersgründen.
  • 1983: Abdou Diouf gewinnt seine ersten Präsidentschaftswahlen mit 84% der Stimmen
  • Januar 1994: Nach der Abwertung des CFA-Franc Ausbruch von Unruhen, Ausschreitungen mit Todesopfern in Dakar. In der Folge Massenverhaftungen und Anklagen gegen Oppositionspolitiker
  • 24. Mai 1998: Bei Parlamentswahlen gewinnt die Sozialistische Partei von Präsident Diouf
  • März 2000: Staatsoberhaupt Diouf unterliegt bei Präsidentschaftswahlen dem Kandidaten der Opposition Abdoulaye Wade, (PDS)
  • April 2000: Abdoulaye Wade ernennt Moustapha Niasse (AFP) zum neuen Regierungschef. Bildung einer aus sieben Parteien bestehenden Regierungskoalition
  • Januar 2001: Änderung der Verfassung per Referendum: unter anderem Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf maximal zwei Mandate à 5 Jahre, die Bürgerrechte, insbesondere die der Frauen werden gestärkt
    (Quelle: Wikipedia 15.9.2006)

Literaturhinweise

  • Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Touki Bouki, Filmhheft Fokus Afrika;  Autor: Herbert Heinzelmann, Bonn 2005
  • Guy Hennebelle und Catherine Ruelle: Cinéastes d’Afrique Noire. 50 cinéastes d’Afrique noire nous parlent. Diop-Mambéty Djibril (Sénégal). In: CinémAction Nr. 3   / L’Afrique littéraire et artistique Nr. 49, 1978, S. 42-44.
  • Hommage/Tribute: Djibril Diop Mambety. Ecrans d’Afrique / African Screen, revue internationale de cinema television et video. 7.Jg, Heft Nr. 24, 2/4 1998.

Darin außerdem:

  • Guiseppe Gariazzo: Il faut fermer les yeux pour vraiment voir. Djibril et sa poétique / You have to close your eyes to really be able to see. Djibril and his poetics, S. 20-25.
  • Frank Ukadike: Touki Bouki, un film de rupture / Touki Bouki a film of rupture, S. 26-33.
  • Simona Cella: Rytme, image et rêve / Rhythm, image and dream, S .34-40.
  • Baba Diop: Les Dakar de Mambety / Mambety’s Dakars, S. 41-43.
  • Mbye Cham: Son dans le ton des petites gens / Sounds in the keys of ordinary people, S. 44-53.Nike Morganti: Anta et Linguère: portraits de femmes / Anta and Linguère: portraits of ladies, S. 54-67

Medienhinweise

  • ERZÄHL VON GROSSMUTTER. Djibril Diop-Mambety, Burkina Faso 1989, 30 Min., Dokumentarfilm
    Bezug: EZEF
  • Meisterwerke von Djibril Diop-Mambety:
    DAS LOS (Le Franc) Senegal, Schweiz, Frankreich 1994, 45 Min., Kurzspielfilm
    DIE KLEINE VERKÄUFERIN DER SONNE (La petite vendeuse de soleil) Senegal, Schweiz, Frankreich 1999, 45 Min., Kurzspielfilm
    Bezug: EZEF
  • MOSSANE Safi Faye, Senegal, Frankreich, Deutschland 1996, 105 Min, Spielfilm
    Archiv: EZEF
  • XALA Ousmane Sembène, Senegal 1974, 120 Min., Spielfilm
  • Archiv EZEF
  • MOOLAADE - DER BANN DER HOFFNUNG Ousmane Sembène, Senegal, Tunesien, Marokko 2004, 120 Min. Spielfilm
    Bezug: EZEF

Marie-Hélène Gutberlet
November 2006

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