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Yaayboy - vom Fischen im Trüben

Dokumentarfilm von Peter Heller und Barney Rübe
Deutschland 2012, 25 Minuten

Inhalt
Es ist ein komplexes Thema, mit dem sich der Film „Yaayboy – Vom Fischen im Trüben“ befasst: Die Dokumentation beschreibt die Situation des Fischereisektors im Senegal. Fischer, Fabrikarbeiter und Händlerinnen leiden darunter, dass ausländische Industrieschiffe die Fischgründe vor den Küsten des Landes so gut wie leer gefischt haben. Mit Einverständnis der senegalesischen Regierung fangen Trawler aus Russland, Europa und anderen Ländern Edel- und Schwarmfische, die die Menschen im Senegal so dringend benötigen – als Nahrungsquelle und um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Fischereiabkommen mit der Europäischen Union brachten Gelder ins Land und ermöglichten der EU legalisierte Massenfänge. Deshalb trägt auch Europa Verantwortung für Armut und Perspektivlosigkeit der Fischerfamilien im Senegal.
Die Aussicht auf ein besseres Leben in Europa veranlasst viele junge Männer, ihre Heimat zu verlassen; oft jedoch werden sie abgeschoben - oder ertrinken bei der Fahrt übers Meer.
Unter der schwierigen Situation leiden auch Fischverarbeitung und Handel. Fischfabriken schließen - und die Frauen, die traditionell für Verkauf und Konservierung des Fisches zuständig sind, bangen um ihre wirtschaftliche Existenz.
Weil es immer weniger Fisch gibt, haben sich die Preise für Meerestiere erhöht – auch für die günstigeren Schwarmfische. Für die Ernährungssicherheit vieler armer Menschen hat dies fatale Folgen: Weil sie weniger Fisch essen, fehlt ihnen ein wichtiger Eiweißlieferant.
Vor wenigen Jahren haben die Fischer begonnen, gegen die Ausbeutung ihrer Fischgründe zu protestieren. Die neue Regierung nimmt ihre Situation ernst. Im Land herrscht Aufbruchstimmung und viele junge Männer sind eher bereit, in ihrer Heimat zu bleiben und sich für die Erholung der heimischen Fangebiete einzusetzen.

Vom Fischen im Trüben
Weltweit steht heute über die Hälfte der Fischgründe kurz vor der Überfischung. Ein Drittel der Fischbestände ist vom Aussterben bedroht oder bereits überfischt, weil viel mehr gefangen wird als nachwachsen kann. Weil Fangflotten aus Europa und Asien Thunfisch und Edelfische wie Doraden, Seezungen und Tintenfische benötigten, fischten sie die Gewässer vor Westafrika leer - und so haben sich die Fangmengen im Senegal im letzten Jahrhundert mehr als verdoppelt.
Als Beifang landen in den industriellen Netzen allerdings auch tonnenweise Schwarmfische. Mehrfach zeigt der Film, wie die Trawler riesige Fischmengen verschlingen – ein bedrückendes Sinnbild für den Entzug einer wichtigen Nahrungsquelle der Menschen im Senegal.

Perspektive Europa?
Obwohl die Einkommensmöglichkeiten immer geringer werden, versucht immer noch ein Fünftel der senegalesischen Bevölkerung von der Fischerei zu leben - auch Sulay, der mit seinem Vater auf einer Piroge an der Atlantikküste arbeitet. Der jüngste Sohn der Familie lernt von seinem Vater das Handwerk der Fischer. Aber er ist nicht überzeugt von seiner Arbeit. Schon zweimal hat er erfolglos versucht, nach Europa zu fliehen.
Auch andere junge Fischer empfinden wie Sulay. Wartend sitzen sie auf den Bänken des Dorfes. In „Yaayboy“ symbolisieren sie Stillstand und Hoffnungslosigkeit. „Viele junge Männer wollen lieber hier in ihrer Heimat leben. Wer sein Auskommen hat, muss seine Familie nicht verlassen“, fasst eine ältere Frau die Zerrissenheit der jungen Männer zusammen.
Nach diesen Worten folgt der wohl emotionalste Moment des Filmes: Man sieht eine Piroge auf hoher See, sie ist voller Männer. Dann: Ein toter junger Mann im Meer, Bilder von gestrandeten Toten, nebeneinander aufgereihte weiße Planen, unter denen Tote liegen. Die ältere Frau ist zu sehen, sie hält die Hand vor die Augen und weint. Die bewegende Szene bleibt ohne Worte.

Schwere Zeiten - auch für Händlerinnen
Unter dem Mangel an Fisch leidet der gesamte Fischsektor im Senegal. In vielen Fabriken und im Fischhandel beträgt die Auslastung oft nur noch 30 bis 40 Prozent. Jedes Jahr müssen deshalb mehrere Fabriken schließen.
Schwierig ist die Situation auch für die Frauen, die den Fisch weiterverarbeiten und verkaufen – und damit wesentlich zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen. Seit jeher kaufen sie den Fisch direkt von den Pirogen. Doch heute geben die Fischer ihre besten Fänge zunächst an Exporthändler oder Fabrikeinkäufer weiter. Erst dann sind die Frauen an der Reihe. Meist erhalten sie nur noch billigen Schwarmfisch wie Sardinellen oder kleine Makrelen - in der Landessprache Wolof „Yaayboy“ genannt. Um den Großhändlern gegenüber konkurrenzfähig zu bleiben, haben sich viele Frauen in Genossenschaften zusammengeschlossen. Zu Wort kommen die Fischhändlerinnen in „Yaayboy“ allerdings nicht, obwohl sie von der wirtschaftlichen Not ebenso betroffen sind wie die Fischer.

Europas Verantwortung
Für die meisten Menschen im Senegal ist Edelfisch heute nicht mehr bezahlbar. Durch die jahrzehntelange Überfischung der senegalesischen Gewässer ist er seltener geworden und wird fast nur noch exportiert; lediglich für reichere Senegalesen ist er erschwinglich. Die arme Bevölkerung hingegen kann sich höchstens kleinere Mengen Schwarmfisch leisten.
In den letzten Jahren ist der Fischkonsum im Land um ein Drittel pro Person zurückgegangen. Auch deswegen weil die Jagd nach den letzten  Doraden, den Zackenbarsch oder Tintenfisch sehr viel Beifang an zurückgeworfenen Jungfisch und Scharmfisch produziert. So wird auch der Fisch der Armen immer seltener gefischt.
Verantwortung tragen hierfür auch die Konsumentinnen und Konsumenten in Europa und anderen Industrieländern; Edelfische aus afrikanischen Ländern sind für sie zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Obwohl „Yaayboy“ nur eingangs auf die Rolle der Verbraucherinnen und Verbraucher eingeht, ist der Zusammenhang zwischen Europas Konsum und der bedrohlichen Situation der Fischerfamilien im Film stets präsent.

Erfolg durch Widerstand
Immer wieder zeigt der Film die großen Trawler, die riesigen Netze, in denen die Fische zu Tausenden verschwinden, wieder und wieder die Fischer mit ihren Pirogen. Gegen Ende des Films entsteht noch einmal ein emotionaler Moment. Nachdem ein Fischer frustriert festgestellt hat: „Die Fischer sind gezwungen, ihre Boote, ihre Pirogen auf Reede zu legen, weil sie nichts mehr fischen können“, folgen Momente der Stille, bemalte, marode Pirogen, ausgestorbene Fabriken, wartende Arbeiterinnen mit leeren Augen.
Doch es bleibt nicht bei dieser Hoffnungslosigkeit, denn die existentielle Not und die Frustration über die Politik der Regierung – die die Ausbeutung der eigenen Fischgründe durch Verträge mit anderen Ländern begünstigt – vereinen die Fischer. Gaoussou Gueye erzählt, wie sich die Verzweiflung in politischen Protesten Bahn brach. Der Generalsekretär des westafrikanischen Fischereiverbandes ist eine Schlüsselfigur im Kampf um die Rechte der Fischer in Westafrika; auch in „Yaayboy“ spielt er eine zentrale Rolle als Interviewpartner. „Als wir 2006 merkten, dass die Grundfischarten ausgebeutet waren, setzten die Kleinfischer die Regierung unter Druck, alle Abkommen mit der EU auszusetzen“, berichtet Gueye. Und tatsächlich sind die Fischer erfolgreich: Die senegalesische Regierung stellt die Abkommen mit der Europäischen Union ein. Dies allerdings begünstigt die illegale Fischerei. Um weiter in großem Stil fischen zu können, gründen die Besitzer großer Trawler heute Gemeinschaftsunternehmen mit senegalesischen Strohmännern. „Täuschung gehört zum Geschäft“, sagt die Sprecherin.
Dass der wichtige Schwarmfisch mit Wissen der Regierung noch immer tonnenweise in den Trawlern landet, ärgert Gaoussou Gueye: „Es gibt 18 russische Schiffe, die bei uns fischen. Sie haben die Erlaubnis von der obersten Fischereibehörde. Das ist vollkommen illegal nach den Fischereigesetzen im Senegal“, empört er sich. „Und diesen 18 Schiffen verhökert man unseren Schwarmfisch für 35 Dollar die Tonne.“
Nachdem die Regierung erneut illegale Lizenzen an fremde Fangschiffe vergeben hat, entlädt sich die Wut der Fischer und anderer benachteiligter Gruppen auf den Straßen der Hauptstadt Dakar. Der Film zeigt protestierende Menschenmassen, Blockaden, brennende Autos.

Endlich Perspektiven
Dass Fischer, Bauern, Händlerinnen und Studierende vor den Wahlen gegen die Regierung demonstrieren, hat positive Auswirkungen auf die politische Situation: Der alte Präsident wird abgewählt; die neue Regierung beschließt, ausländischen Flotten die Lizenz zum Fangen zu entziehen. Auf einer Konferenz von Fischern, Wissenschaftlern und internationalen Organisationen stellt ein Vertreter der neuen Regierung die geplanten Maßnahmen zur Bewahrung der Fischbestände vor: Die Fischereiüberwachung soll gestärkt und die Bevölkerung sensibilisiert werden. Ziel ist außerdem eine Verbesserung der Fangtechniken.
„Yaayboy“ endet mit positiven Perspektiven. Die Fischer haben begonnen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen – in ihrer Heimat, nicht in Europa. „Heute ist den Fischern klar, dass ihre Zukunft an der Zukunft der Fischbestände hängt“, sagt Gassouye Gaye. „Sie richten Schutzgebiete ein und versuchen mit Rücksicht auf die Natur zu fischen. In einigen Gemeinden haben die Fischer sogar den Präfekten gebeten, die Zahl der Ausfahrten zum Fischfang zu beschränken.“ Denn: Auch die einheimischen Pirogen tragen dazu bei, dass die Fischbestände sich verringern - weil nicht genug Fisch für alle Pirogen vorhanden ist.
Zum Abschluss des Films fahren die Teilnehmer der Konferenz in ein Meeresschutzgebiet, das die Fischer selbst eingerichtet haben. Hier haben Fische ein Rückzugsgebiet, das permanent bewacht wird. Mit Erfolg - denn schon sind Fischarten wieder aufgetaucht, die die Fischer längst verloren geglaubt hatten.

Als Sinnbild der Hoffnung sitzen zwei junge Männer auf einem Steg und singen zur Gitarre.
Das positive Fazit des Films, das eine erfreuliche Aufbruchstimmung vermittelt, hinterlässt allerdings die Frage, ob diese Aufbruchstimmung tatsächlich repräsentativ für die Fischer im Land ist - oder ob sie vielleicht nur eine besonders engagierte Minderheit betrifft. Ob heute tatsächlich entscheidend weniger junge Senegalesen nach Europa fliehen wollen, lässt sich nicht sagen, da die gemeinsame Seeüberwachung von EU und senegalesischer Küstenwache den gefährlichen Weg über das Meer kaum noch zulässt.
Die komplexen Auswirkungen der industriellen Fischerei auf die Menschen und die wirtschaftliche Entwicklung im Senegal werden in „Yaayboy“ verständlich und kompakt dargestellt und durch viele Originaltöne belegt. Bedauerlich ist, dass die Sprecherin die Interviewten zwar teilweise identifiziert, Namen und Funktionen aber nicht zu lesen sind. Die Einordnung der Interviewten hätte dies erleichtert.

Der Filmemacher
Peter Heller, 1946 in Prag geboren, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film in München und arbeitete anschließend bei Fernsehsendern in Asien und Lateinamerika. Seit vielen Jahren ist er in Deutschland als Dokumentarfilmer und Produzent tätig. Wichtig sind ihm nicht nur afrikanische Themen, sondern auch die Beschäftigung mit der deutschen Gesellschaft. Der Filmemacher erhielt mehrere internationale Auszeichnungen, darunter auch den „Prix Europa“, den wichtigsten europäischen Fernsehpreis.

Hintergrundinformationen
Das doppelte Los der Fischerfamilien in Ländern des Südens
Fisch ist auf der ganzen Welt eine wichtige Einkommens- und Nahrungsgrundlage. Die Welternährungsorganisation (FAO) geht davon aus, dass weltweit rund 200 Millionen Menschen von den Einnahmen im Fischereisektor abhängig sind. Der jährliche Gewinn, den Länder des Südens aus der Fischerei beziehen, beträgt ca. 25 Milliarden Euro.
Die Fischergemeinschaften in Entwicklungsländern gehören zu den ärmsten Schichten der Bevölkerung. Meist müssen sie ohne staatliche Förderung auskommen, ihre Boote sind mangelhaft ausgestattet, und auch die Infrastruktur für Weiterverarbeitung und Handel ist schlecht ausgebaut. Das größte Problem sind aber die knapper werdenden Fischbestände vor den Küsten vieler Länder; die Kleinfischer mit ihren Holzpirogen haben dabei kaum eine Chance, gegen die hoch technisierten Fangflotten der Industrie- und Schwellenländer anzufischen. Ein einziges industrielles Fangschiff kann in einer Nacht mehr Fische aus dem Wasser ziehen als ein Kleinfischer im Jahr.
Trotzdem hat die Fischerei in vielen Ländern zugenommen. Denn die Situation der Bauernfamilien im Landesinneren ist oft noch schwieriger als die der Fischer: Von den Erträgen aus der Landwirtschaft leben sie zunehmend schlechter. Deshalb fliehen sie an die Küste, wo sie in mittelgroßen Pirogen einen leichten Einstieg als Helfer beim Einziehen der Netze finden. Die geringere Ausbeute an Fisch müssen sich daher immer mehr Menschen teilen.
Weil Fisch seltener – und deshalb teurer - geworden ist, ist in vielen Ländern des Südens die Ernährungssicherheit der Menschen bedroht. Denn Fisch ist hier für fast 60 Prozent der Eiweißversorgung zuständig. Durch das Verschwinden von Tintenfisch, Thunfisch, Zackenbarsch, Brasse, Makrelen und Sardinen ist die Versorgung der Bevölkerung vor Ort gefährdet. Hinzu kommt die zunehmende Ausrichtung auf den Export. Oft wird der Fisch schon auf hoher See auf Trawler umgeladen – und so entgehen den betroffenen Ländern selbst diese potentiellen Exportgewinne. Zwar gehört Fisch noch immer zu den wichtigsten Ausfuhrgütern - aber die Kleinfischer selbst haben oft nicht die Möglichkeit, ihn aufzubereiten und frisch zu halten. Traditionell ist dies die Aufgabe der Fischhändlerinnen. Haben die Frauen früher erheblich zur Versorgung ihrer Familien beigetragen und sich durch Handel und Verarbeitung des Fisches großes Ansehen in der Gesellschaft erworben, sinken ihre Gewinne nun ganz erheblich. Deshalb können sie weniger Fisch kaufen und wieder verkaufen – ein Teufelskreis, an dessen Ende Armut steht.

Westafrikas Fischereiabkommen mit der Europäischen Union
Für die Situation der Fischer vor Ort ist auch die Fischereipolitik der Europäischen Union verantwortlich. Seit den 1980er Jahren hat die EU mit der Überfischung von Mittelmeer, Nord- und Ostsee zu kämpfen. Daher sind ihre Fangflotten in andere Gewässer dieser Welt vorgedrungen – auch vor die Küsten Westafrikas.
Seit die Vereinten Nationen in den 1980er Jahren die Hoheitsgewässer der nationalen Küsten auf 200 Seemeilen erweiterten, ist die EU gezwungen, mit den Regierungen der Küstenländer Nutzungsrechte auszuhandeln – und dafür zu bezahlen. Meist wird bisher lediglich die Anzahl der fangberechtigten Schiffe festgelegt. Fangquoten gibt es – in westafrikanischen Ländern – lediglich für Thunfisch und Schwarmfisch. Sie gelten zwischen der 12. und der 200. Seemeile eines nationalen Gewässers; die Meilen davor sind den Kleinfischern vorbehalten.
Die neueren, heute „Fischereipartnerschaftsabkommen“ genannten Verträge zwischen der EU und westafrikanischen Staaten sehen vor, dass ein Teil der finanziellen Mittel den Kleinfischern zugute kommt. Meist geht es dabei jedoch um technische Hilfe; sie ermöglicht es den Fischern, ihren Fang der industriellen Fischerei - und damit dem Export - zur Verfügung zu stellen.

Senegal: Widerstand gegen die Ausbeutung der Fischbestände
In einem Fischereiabkommen hatte die Regierung des Senegal der europäischen Hochseeflotte gestattet, ihre Netze in den senegalesischen Hoheitsgewässern auszuwerfen - für eine Ausgleichszahlung von jährlich 16 Millionen Euro. 2006 stand ein neuer Vertrag an. Die EU bot dem Senegal allerdings einen geringeren finanziellen Ausgleich an als zuvor. Die Begründung: Die Fischgründe seien nicht mehr so ergiebig wie früher. Die Kleinfischer und ihre Verbände protestierten dagegen, und auch die senegalesische Regierung wendete sich gegen die EU, die schließlich erheblich zur Verminderung der Fischbestände beigetragen hatte.
Bis heute hat der Senegal kein neues Abkommen mit der EU unterzeichnet. Allerdings ist die Vergabe von Fanglizenzen an private Fischereiflotten seither noch undurchsichtiger geworden. So sind im Hafen von Dakar moderne Trawler zu sehen, die unter senegalesischer Flagge fischen und als „einheimische“ Schiffe Fanglizenzen erhalten - obwohl sie einen spanischen Heimathafen haben. Dieser Flaggentausch ist eine der beliebtesten Methoden, auch ohne Fischereiverträge die Gewässer in Entwicklungsländern zu plündern.

Die Reform der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik
Die bedrohliche Situation der Meere und die Reduzierung der Fischbestände haben die Mitgliedsstaaten der EU dazu bewogen, eine nachhaltigere Fischereipolitik anzustreben. Im Juli 2013 einigten sich die EU-Staaten auf eine Reform. So dürfen Beifänge künftig nicht zurück ins Meer geworfen werden, weil sie dort oft sterben oder verletzt ankommen. Umweltverbände kritisieren allerdings, dass hierbei noch zu viele Schlupflöcher offen stehen.

Die Lobbyarbeit von Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst
Will die Europäische Union ihre gerade beschlossene Gemeinsame Fischereipolitik entwicklungspolitisch nachhaltig gestalten, muss sie auch die Ernährungssicherheit und die Armutsminderung in Ländern des Südens berücksichtigen. Diese Forderung vertritt Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst in Gesprächen mit der Bundesregierung und der Europäischen Union. In einer Koalition aus Entwicklungs- und Umweltorganisationen und afrikanischen Fischereiverbänden macht Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst in Brüssel Lobbyarbeit für faire Fischereiabkommen zwischen westafrikanischen Staaten und der EU. Dabei geht es um die Sicherung eines nachhaltigen Zugangs der Kleinfischer zu den Ressourcen ihrer Meere. Zu den Erfolgen dieser Arbeit gehören zum Beispiel Bestimmungen in der neuen Fischereireform, die die EU Kommission zwingen, vor jeder Entscheidung über neue Fischereiverträge, die Fangmöglichkeiten der lokalen Fischer zu berücksichtigen. Nur wenn wissenschaftlich belegbar ist, dass es überschüssige Fangmengen gibt, darf die EU Quoten für die eigene Flotte anfragen.
Weil die Fischerei in Westafrika ganz erheblich zur Ernährungssicherheit beiträgt, setzt sich Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst besonders für die Kleinfischerverbände in diesem Teil der Welt ein. Dabei geht es auch darum, in internationalen Abkommen Schutzzonen zu vereinbaren, in denen Kleinfischer einen ungehinderten und privilegierten Zugang zu ihren Fanggründen erhalten. Darüber hinaus soll ihnen ein gerechter Anteil an den Exportgewinnen zugestanden werden. Brot für die Welt ermöglicht es Kleinfischerverbänden, ihre Interessen bei internationalen Institutionen, wie der für Fischerei zuständigen UN Ernährungsorganisation FAO, zu vertreten.
Vor Ort unterstützt Brot für die Welt Fischer und Fischhändlerinnen dabei, ihre Stimme gegenüber Regierungen bzw. Fischereibehörden zu erheben. So hat die Organisation die Kosten von Gründungsversammlungen in Ländern übernommen, in denen keine Fischereiverbände existierten. Sie hat aktive Fischereiverbände in internationale Verhandlungen einbezogen und die Gründung des westafrikanischen Kleinfischereiverbands CAOPA gefördert.

Didaktische Hinweise
Yaayboy kann in Oberschulen und Gymnasien eingesetzt werden, vor allem bei älteren Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II. (Fächer: Politik, Geographie, Religion, Ethik); auch in Berufsschulen (Ernährung, Einzelhandel).
Für die Erwachsenenbildung und die entwicklungsbezogene Bildungsarbeit ist der Film besonders gut geeignet.

Fragen zur Diskussion

  • Wo liegt der Senegal und wie leben die Menschen dort?
  • Der Film ordnet den Senegal weder geographisch noch politisch ein. Um die Lebenssituation der Menschen besser verstehen zu können, können Schülerinnen und Schüler herausarbeiten,
    o   wo genau der Senegal liegt (und die Orte, um die es im Film geht)
    o   wer dort lebt (Völker, Religionen etc.)
    o   wie die politische Situation ist (politisches System, Geschichte, aktuelle Regierungskonstellation, Stabilität, Engagement der Zivilgesellschaft)
    o wie der Senegal in seiner sozialen, politischen und wirtschaftlichen Situation im Vergleich zu den Nachbarländern einzuordnen ist.

Die Situation der Fischer in der Welt

  • Wie repräsentativ ist die Situation der Fischer im Senegal für die Fischer in der Welt?
  • Wie ist die Lage in anderen westafrikanischen Ländern?
  • Welche Länder/Kontinente sind noch betroffen (von industrieller bzw. illegaler Fischerei, Piraterie, Aquakultur)?

Diese und ähnliche Fragen können Schülerinnen und Schüler in Gruppenarbeiten oder Referaten erarbeiten.

Welche Verantwortung trägt Europa?
Um einen Bezug zwischen der Situation in Westafrika und der Lage des Fischereisektors in Deutschland bzw. Europa herzustellen, kann es sinnvoll sein, sich mit folgenden Fragen zu befassen:

  • Europäische Fischereipolitik – was ist das eigentlich?
  • Welchen Inhalt hat die Reform der Fischereipolitik?
  • Was ist die europäische Fangflotte?
  • Wo fischt sie und wie handelt sie ihren Fisch?
  • Nach welchen (Nachhaltigkeits)-kriterien arbeitet sie?

Die illegale Fischerei
Die illegale Fischerei wird im Film nur gestreift. Allerdings hat sie in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Um Fischereiabkommen und Fangquoten zu umgehen, operieren viele Piratenfischer ohne Lizenz unter der Flagge des Staates, vor deren Küste sie fischen. Sie erhalten diese Flaggen von Mittelsmännern aus den betreffenden Ländern. Oft lassen sie ihre industriellen Fangschiffe auch unter den Flaggen anderer Länder registrieren oder fahren ganz ohne Länderkennzeichen. Sie fischen besonders dort, wo Regierungen ihre Küstengewässer nicht ausreichend kontrollieren (können), z.B. vor Westafrika oder dem Südpazifik.
Die Schiffseigner stammen vor allem aus Europa, Japan, Korea, den USA und China. Greenpeace schätzt, dass rund 1200 industrielle Schiffe illegalen Fischfang betreiben.

  • Wie gehen Kleinfischerverbände, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und die EU mit dem Problem der illegalen Fischerei um?
  • Ist ein weltweites Register der illegal arbeitenden Fangschiffe – wie es auch deutsche Organisationen fordern – in greifbarer Nähe?
  • Wie groß ist der Schaden, den die illegale Fischerei anrichtet? Und welche Länder sind besonders betroffen?

Alternative Aquakultur?
Weltweit werden heute über 100 Millionen Tonnen Fisch verzehrt. Um diesen Bedarf decken zu können, stammt fast die Hälfte der Meerestiere aus so genannter Aquakultur. In Flüssen, Seen oder Meeren, in schwimmenden Käfigen oder Netzgehegen werden die Fische für den Verzehr gezüchtet. Doch:

  • Ist Aquakultur wirklich eine Alternative?
  • Wie genau funktioniert sie, welche Ressourcen benötigt sie?
  • Wie wirkt sie sich auf die Lebensumstände der Menschen vor Ort aus?

Handlungsmöglichkeiten
Wie können wir als Verbraucherinnen und Verbraucher zu nachhaltigem Fischkonsum beitragen?
Etwa 15,7 Kilogramm Fisch essen die Deutschen jedes Jahr pro Kopf. Besonders beliebt sind Lachs und Hering.

  • Wie können wir in Deutschland dazu beitragen, die Fischbestände zu schützen?
  • Welchen Fisch können wir noch bedenkenlos essen?
  • Was wissen wir eigentlich über den Fisch, den wir essen (Herkunft, Fangarten)?
  • Welche Möglichkeiten der Information über Herkunft und Fangart gibt es?
  • Wie zuverlässig sind Siegel für nachhaltigen Fischkonsum?


Literatur - und Medienhinweise
Broschüren

  • Leere Netze – Fischerei zwischen Globalisierung und Meeresschutz (eed und fair oceans, Bonn 2011)
  • Fischereiwirtschaft – Arbeitshilfe Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt (eed und Brot für die Welt, Bonn/Stuttgart 2009)
  • How Africa is feeding Europe (Greenpeace International 2010)

Fotoausstellung:
Die Fotoausstellung von Brot für die Welt stellt die verschiedenen Facetten der handwerklichen Fischerei in Entwicklungsländern in Wort und Bild dar. Die Ausstellung kann ausgeliehen werden.
Weitere Informationen bei:
Francisco Marí, Tel. 030-652111822, francisco.mari@brot-fuer-die-welt.de

Links
Allgemeine Infos: http://www.fair-oceans.info/index.php/publikationen.html
Fischkonsum:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/rekordverbrauch-fischkonsum-steigt-trotz-hoeherer-preise-a-784995.html
Zusammenfassung Greenpeace Einkaufsratgeber: http://www.taz.de/!44408/
Fischereisiegel MSC: http://www.msc.org/de/
Gemeinsame Fischereipolitik der EU: Europäische Kommission: Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik: http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/ReformGemFischereipolitik.pdf

Autorin: Birte Asja Detjen
März 2013

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